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Urteil | |
des 8. Senats vom 23. Juni 1995 (I. Verwaltungsgericht Stuttgart)
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-- BVerwG 8 C 20.93 -- | |
Die Kläger wenden sich gegen ihre Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag für die Kosten der erstmaligen Herstellung einer Lärmschutzwand. Sie sind Eigentümer des Grundstücks Flurstück Nr. 3901/8, das im Bereich des Bebauungsplans "A." liegt. Dieser Bebauungsplan setzt entlang der M.-Straße (L 343) eine Lärmschutzwand fest, die die Beklagte Anfang 1990 hat fertigstellen lassen.
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Die Beklagte zog die Kläger zu einem Erschließungsbeitrag von 2363,31 DM heran. Der nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit folgender Begründung stattgegeben: Der angefochtene Beitragsbescheid sei rechtswidrig und verletze die Kläger in ihren Rechten. Es stehe nämlich nicht fest und könne auch nicht mehr aufgeklärt werden, ob das Grundstück der Kläger durch die abgerechnete Lärmschutzwand erschlossen werde.
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Zutreffend sei die Beklagte davon ausgegangen, daß die Lärmschutzwand eine beitragsfähige Erschließungsanlage im Sinne des § 127 Abs. 2 ![]() ![]() | |
Die (Sprung-)Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg.
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In Übereinstimmung mit den Beteiligten geht das Verwaltungsgericht davon aus, die im Bebeuungsplan A. festgesetzte, entlang der M.-
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Straße angelegte Lärmschutzwand sei eine beitragsfähige Erschließungsanlage im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 5 BauGB. Dem ist auf der Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen beizupflichten (vgl. in diesem Zusammenhang Urteil vom 13. August 1993 - BVerwG 8 C 36.91 - Buchholz 406.11 § 127 BauGB Nr. 67 S. 86 [90 f.]).
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Auf der Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen ist dem Verwaltungsgericht ferner in der Annahme zu folgen, das Grundstück der Kläger unterliege nicht der Erschließungsbeitragspflicht für diese Anlage (§ 133 Abs. 1 BauGB). Danach nämlich ist nicht aufgeklärt und läßt sich auch nicht mehr aufklären, ob die abgerechnete Lärmschutzwand dem Grundstück der Kläger in dem insoweit maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der sach ![]() ![]() | |
Das Verwaltungsgericht meint, eine beitragsfähige Lärmschutzanlage vermittle ausschließlich den Grundstücken einen beitragsbegründenden Sondervorteil, denen sie eine Schallpegelminderung von mindestens 3 dB(A) verschaffe und die deshalb im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB erschlossen seien. Auch dem ist entgegen dem Vorbringen der Revision zu folgen.
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Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits im Urteil vom 19. August 1988 - BVerwG 80, 99 (101 f.) ausgeführt, für die Abgrenzung der Grundstücke, denen die erstmalige Herstellung einer der in § 127 Abs. 2 (seinerzeit) BBauG genennten Erschließungsanlagen einen beitragsrechtlich relevanten Sondervorteil vermittelt, von den Grundstücken, für die dies nicht zutrifft, sei grundsätzlich maßgebend die bestimmungsgemäße Funktion der jeweiligen Anlage. Immissionsschutzanlagen sollten dem "Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen" (§ 127 Abs. 2 Nr. 5 BBauG) dienen, wobei es nach dem Gesetz ohne Belang sei, ob es sich im jeweiligen Einzelfallum ein - wie hier - beplantes oder um ein unbeplantes Gebiet handelt. Dieser gesetzlichen Zweckbestimmung sei zu entnehmen, daß der durch Anlagen zum Schutz vor Straßenlärm vermittelte erschließungsbeitragsrechtlich relevante Sondervorteil gerade in dem durch eine solche Anlage bewirkten Schutz liege, also in der Verminderung von Lärm, der die Ausnutzbarkeit der betroffenen Grundstücke negativ beeinflusse. Das rechtfertige die Annahme, bei der Verteilung des für die erstmalige Herstellung eines Lärmschutzwalls entstandenen umlagefähigen Aufwands seien die Grundstücke zu berücksichtigen, für die sich - im Unterschied zu anderen Grundstücke - im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Erschließungsbeitragspflichten der durch diese Anlage vermittelte Schutz ![]() ![]() | |
Die von der Revision im Anschluß an die Ausführungen von Kuschnerus (in NVwZ 1989, 528 ff.) an dieser Rechtsprechung geübte Kritik, eine bessere - insbesondere dem Spannungsverhältnis zwischen Beitragsgerechtigkeit und Verwaltungspraktikabilität eher gerecht werdende - Lösung müsse für das Erschlossensein und in der Folge für die Verteilung des für einen Lärmschutzwall angefallenen umlagefähigen Aufwands anknüpfen an das durch eine Lärmschutzanlage geschützte "Gebiet" (Kuschnerus, a.a.O. S. 531), gibt dem erkennenden Senat keinen Anlaß, seine bisherige Rechtsprechung aufzugeben oder zu modifizieren. Denn Gegenstand des Erschlossenseins nach § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB sind ausschließlich Grundstücke. Das schließt aus, annehmen zu dürfen, im Zusammenhang mit der Frage nach dem Erschlossensein durch Lärmschutzanlagen könnte als (Bezugs-)Gegenstand ein Baugebiet oder gar ein (für unbeplante Bereiche ohnehin unergiebiges) Bebauungsplangebiet in Betracht kommen. Aus diesem Grunde finden im geltenden Erschließungsbeitragsrecht keine Stütze Überlegungen, die für die Aufwandsverteilung namentlich von Anlagen zum Schutz vor Straßenlärm abstellen auf eine von demjenigen, der die jeweilige "Schutzanlage verantwortlich plant", zu umgrenzendes Schutzgebiet (vgl. so aber Kuschnerus, a.a.O., S. 531). Zwar trifft es zu, daß es bei beitragsfähigen Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 5 BauGB um "Anlagen zum Schutz von Baugebieten" geht, doch wird mit dieser gesetzlichen Zweckbestimmung lediglich deutlich gemacht, daß etwa eine Lärmschutzan ![]() ![]() | |
Einzuräumen ist der Revision, daß der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität für die Annahme sprechen könnte, alle Grundstücke als erschlossen anzusehen, die von einem Bebauungsplan erfaßt werden, der die Lärmschutzanlage ausweist. Abgesehen davon, daß diese Betrachtungsweise indes ausschließlich für den beplanten Bereich von Belang sein kann und schon deshalb für das Erschließungsbeitragsrecht eher ungeeignet ist, streitet durchgreifend das Gebot der Beitragsgerechtigkeit gegen sie. Denn bei einer solchen Verfahrensweise bleiben nicht nur Grundstücke außerhalb des Plangebiets bei der Verteilung des für eine Lärmschutzanlage entstandenen umlagefähigen Erschließungsauwands unberücksichtigt, denen diese Anlage ggf. erhebliche Schallpegelminderungen vermittelt, sondern es werden zu Beiträgen auch Grundstücke im Bebauungsgebiet herangezogen, die durch die Lärmschutzanlage keine Schallpegelminderung erfahren. Diese letzteren, auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beitregsfrei bleibenden Grundstücke gleichwohl mit der Erwägung an der Auwandsverteilung beteiligen zu wollen, ohne den Lärmschutzwall wäre der betreffende Bebauungsplan nicht genehmigt worden und ohne den Bebauugnsplan wäre das jeweilige Grundstück (nach Maßgabe der Umstände des jeweiligen Einzellfalls) nicht bebaubar, überzeugt nicht. Da die Genehmigung eines Bebauungsplans nämlich auch von der Ausweisung beispielsweise einer für die Erschließung der erfaßten Grundstücke ausreichenden Anzahl von Anbaustraßen (§ 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB) abhängig ist, ließe sich mit dieser Argumentation letztlich die Beteiligung aller Grundstücke des Plangebiets an der Verteilung des umlagefähigen Aufwands für alle beitragsfähigen Erschließungsanlagen in diesem Gebiet rechtfertigen. Das aber widerspricht der Anordnung des Gesetzgebers, mit Blick etwa auf eine Anbaustraße im Regelfall (vgl. aber § 130 Abs. 2 Satz 3 ![]() ![]() ![]() |