42. Urteil des Kassationshofes | |
vom 31. Dezember 1949
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i.S. Odermatt und Amborn gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.
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1. Art. 21, 148 StGB. Versuch des Versicherungsbetruges, begonnen durch Brandlegung an eigener Sache. 2. Art. 304 Ziff. 1 Abs. 1 StGB. Begriff des Anzeigens. Wann zeigt jemand an, es sei "eine strafbare Handlung begangen worden" ? Irreführung der Rechtspflege macht auch strafbar, wenn der Täter die Tat begeht, um als Beschuldigter sich in einem Strafverfahren herauszulügen. 3. Art. 25, 304 Ziff. 1 Abs. 1 StGB. Gehülfenschaft zu Irreführung der Rechtspflege, begangen durch Brandlegung an der Sache des Täters. 4. Art. 269 Abs. 1 BStP. Ein Fehler in der Begründung -- zu der auch die in den Urteilsspruch aufgenommene Schuldigerklärung zu rechnen ist -- kann mit der Nichtigkeitsbeschwerde nicht gerügt werden, wenn er sich auf die ausgesprochenen Rechtsfolgen nicht ausgewirkt hat. ![]() | |
A. | |
Im November 1948 liess sich Amborn durch Odermatt bestimmen, dessen Automobil, das bei der Schweizerischen Mobiliar-Versicherungsgesellschaft für Fr. 7000.-- gegen Feuer versichert war, in die Gegend zwischen Birmensdorf und Bonstetten zu führen und es dort anzuzünden, damit es vollständig niederbrenne. Odermatt hatte ihm gesagt, zur Erwirkung der Schadensdeckung durch die Versicherungsgesellschaft werde er, Odermatt, alsdann bei der Polizei zuhanden der Versicherung geltend machen, das Automobil sei ihm von einem unbekannten Dritten entwendet worden und auf der vom Dieb unternommenen Fahrt verbrannt. Amborn beging die Tat am Abend des 29. November 1948. Die Polizei erhielt vom Brande durch Dritte Kenntnis, stellte den Eigentümer des Fahrzeuges fest und verhörte Odermatt in der Nacht vom 29. auf den 30. November. Dabei gab Odermatt gegenüber zwei Polizeigefreiten an, es sei ihm am vorangehenden späten Abend von einem Unbekannten entwendet worden. Odermatt wurde verhaftet, und die Tat kam aus, noch ehe er der Versicherungsgesellschaft den Schaden hatte anmelden können. Die Anmeldung unterblieb.
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B. | |
Am 31. März 1949 sprach das Obergericht des Kantons Zürich Odermatt von der Anklage des Betrugsversuches und der Anstiftung dazu und Amborn von der Anklage der Gehülfenschaft zu Betrugsversuch frei. Dagegen verurteilte es Odermatt wegen Irreführung der Rechtspflege (Art. 304 Ziff. 1 Abs. 1 StGB) und Anstiftung zu Gehülfenschaft dazu und Amborn wegen Gehülfenschaft zu Irreführung der Rechtspflege zu je zwei Monaten Gefängnis, unter Anrechnung der Untersuchungshaft. Odermatt bewilligte es den bedingten Strafvollzug.
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C. | |
Beide Verurteilten führen Nichtigkeitsbeschwerde. Sie beantragen Aufhebung des Urteils, soweit es sie schuldig spricht und verurteilt, und Rückweisung der Sache zu ihrer Freisprechung. ![]() | |
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Amborn macht geltend, er habe keine Anzeige erstattet, wie Art. 304 voraussetze, sondern sei von der Polizei gesucht und einvernommen worden, wobei er gegenüber dieser nicht gelogen habe. Dadurch, dass er durch seine Tat die falsche Anzeige Odermatt bewusst erleichtert habe, habe er sich nicht der Gehülfenschaft zu Irreführung der Rechtspflege schuldig gemacht. Dazu komme, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts Art. 304 Ziff. 1 Abs 1 nicht zutreffe, wenn jemand einer Behörde über eine wirklich begangene strafbare Handlung oder über eine solche, die er für begangen hält, bewusst falsche Angaben mache. Der Beschwerdeführer habe die Tat des Art. 304 nicht gefördert ; sein Verhalten habe nicht zur Irreführung der Rechtspflege durch Odermatt beigetragen.
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D. | |
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt, beide Beschwerden seien abzuweisen.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung :
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Erwägung 1 | |
1. Das Obergericht hat die Beschwerdeführer zu Unrecht von der Anklage des Betrugsversuches und der Gehülfenschaft dazu freigesprochen. Nach der Sachlage ist sicher, dass Odermatt den Schaden angemeldet hätte, wenn er dazu überhaupt noch Gelegenheit gehabt hätte, ![]() ![]() | |
Da die Staatsanwaltschaft das Urteil des Obergerichts nicht anficht, muss es indessen beim Freispruch der Beschwerdeführer von der Anklage des Betrugsversuches und der Gehülfenschaft dazu sein Bewenden haben.
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Erwägung 2 | |
Das "Anzeigen" im Sinne dieser Bestimmung ist nicht an eine bestimmte Form gebunden ; die Tat kann nicht nur durch Einreichung einer Strafanzeige im Sinne des kantonalen Prozessrechtes begangen werden, sondern auch in der vom Beschwerdeführer Odermatt gewählten Form : durch Aussage in einem Verhör vor der Polizei, gleichgültig, ob das Verhör auf Veranlassung des Aussagenden oder der Polizei stattfinde. Wer in einem solchen Verhör wider besseres Wissen aussagt, es sei eine strafbare Handlung begangen worden, führt die Rechtspflege in gleicher Weise irre wie jemand, der mit dem Begehren um Einleitung eines Strafverfahrens (Strafanzeige, Strafklage) an die Behörde herantritt.
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Wer über eine wirklich begangene strafbare Handlung ![]() ![]() | |
Dass Odermatt durch die falsche Behauptung vor der Polizei, das Automobil sei ihm entwendet worden, nicht nur Nachforschungen veranlassen und damit die Grundlage für die beabsichtigte falsche Schadensmeldung an den Versicherer schaffen, sondern zugleich sich vom Verdacht des Betrugsversuches reinwaschen wollte, steht der Anwendung des Art. 304 StGB nicht im Wege. Das angebliche Recht des Beschuldigten, sich im Strafverfahren herauszulügen, berechtigt ihn nicht, eine strafbare Handlung zu begehen, um seiner Lüge den Schein der Wahrheit zu verleihen. So wie dieser Beweggrund z.B. die Anstiftung zu falschem Zeugnis (Art. 307 StGB) und zu Begünstigung (Art. 305) nicht heiligt (BGE 72 IV 99 ; 73 IV 239, 244), macht er auch die Irreführung der Rechtspflege nicht zur erlaubten Tat.
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Erwägung 3 | |
3. Amborn hat an der von Odermatt begangenen Irreführung der Rechtspflege nicht dadurch teilgenommen, dass er selber gegenüber der Polizei falsche Angaben gemacht und dadurch jenen Odermatts den Schein der Wahrheit ![]() ![]() | |
Erwägung 4 | |
Dispositiv | |
Demnach erkennt der Kassationshof : | |