vom 27. September 1946 i.S. Scala und Bordi gegen Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen.
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Regeste | |
Art. 148 Abs. 1 StGB, Betrug.
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1. Anforderungen an die Täuschungshandlung (Erw. 1).
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2. Kausalzusammenhang zwischen Täuschung und Vermögensdisposition (Erw. 2).
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3. Schaden (Erw. 3).
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Sachverhalt | |
A. | |
A. Scala und Bordi nahmen im Jahre 1943 als Reisende der Fraumünster-Verlag AG manchmal einzeln, manchmal gemeinsam bei katholischen Familien der Ostschweiz Bestellungen entgegen auf das von Gaston Castella, Professor an der Universität Freiburg, verfasste Buch "So ist die Treue dieses Volkes". Das Buch schildert die Geschichte der Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Schweiz. Es enthält ein Bildnis des Papstes Pius XI. mit der gedruckten Bitte des Verfassers um den apostolischen Segen für sich und seine Mitarbeiter sowie der faksimilierten Unterschrift und dem Stempel des Papstes als Zeichen dafür, dass dem Ersuchen entsprochen wurde. Dann folgt ein empfehlendes Vorwort von Bundesrat Motta. Bevor Scala und Bordi in einer bestimmten Ortschaft für das Buch Absatz suchten, boten sie es mit ![]() ![]() | |
B. | |
B. Am 4. Februar 1946 verurteilte das Kantonsgericht von St. Gallen Scala wegen vollendeten und versuchten gewerbsmässigen Betruges zu sieben Monaten Gefängnis und zu fünfzig Franken Busse und Bordi wegen wiederholten einfachen Betruges zu zwei Monaten Haft. Beide Freiheitsstrafen erklärte es bedingt vollziehbar.
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C. | |
C. Mit Nichtigkeitsbeschwerden an den Kassationshof des Bundesgerichtes verlangen die beiden Verurteilten Aufhebung dieses Urteils und Rückweisung der Sache an das Kantonsgericht zur Freisprechung, eventuell zu neuer Beurteilung einzelner Tatbestände. Sie bestreiten eine arglistige Irreführung durch Vorspiegelung von Tatsachen, weil es den Käufern des Buches durch Lesen des Bestellzettels, der nichts von einer Spende gesagt habe, und durch Anfrage bei der Fraumünster-Verlag AG leicht gewesen wäre, den wahren Sachverhalt zu erfahren. Ferner machen sie geltend, die Käufer seien nicht geschädigt worden, weil sie für den ausgelegten Preis als gleichwertige Gegenleistung das Buch erhalten hätten. ![]() | |
D. Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen beantragt, die Beschwerden seien abzuweisen.
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Ein solcher Fall liegt hier vor. Da das von den Beschwerdeführern vertriebene Buch über die päpstliche Schweizergarde von einem Professor der Universität Freiburg verfasst ist, das Bildnis des Papstes enthält, den päpstlichen Segen für den Verfasser und seine Mitarbeiter kundgibt und im Vorwort von Bundesrat Motta empfohlen wird, lag es für den Kaufsinteressenten nahe, der Angabe der Beschwerdeführer, ein Teil des Erlöses sei für die erwähnte Universität, für die Schweizergarde oder für den Papst bestimmt, Glauben zu schenken. In vielen Fällen kam ![]() ![]() | |
Erwägung 2 | |
2. Was den Kausalzusammenhang betrifft, erklärt das Kantonsgericht, es sei auszugehen von der Behauptung der Anklage, die Täter hätten in den herangezogenen Fällen das Geschäft nur durch die falsche Angabe, der Erlös komme teilweise der Schweizergarde oder der Universität Freiburg zugute, zustande gebracht; die Vermögensdisposition sei demnach von den Käufern vorgenommen worden im Glauben, sie wirkten damit an einer allgemein charita ![]() ![]() | |
Erwägung 3 | |
3. Das Kantonsgericht geht davon aus, dass das verkaufte Buch objektiv den verlangten Preis wert war. Das schliesst entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer eine Schädigung der getäuschten Käufer nicht aus. Wie der Kassationshof schon wiederholt erkannt hat, ist der Irrende durch Abschluss und Erfüllung eines zweiseitigen Vertrages nicht bloss dann geschädigt, wenn das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung nach objektiver Schätzung gestört ist, sondern schon dann, wenn er für seine eigene Leistung nicht den Gegenwert erhält, den er nach dem Vertrag erhalten sollte, so beispielsweise, wenn der Händler dem getäuschten Käufer schlechteren Wein liefert als versprochen, mag auch der gelieferte trotzdem den Preis wert sein. Dieser Rechtsprechung liegt der Gedanke zugrunde, dass der Getäuschte immer schon dann geschädigt ist, wenn Leistung und Gegenleistung in einem für ihn ungünstigeren Wertverhältnis stehen, als sie nach der vorgespiegelten Sachlage stehen müssten. In diesem Sinne sind die Käufer auch im vorliegenden Falle geschädigt. Zwar wurde ihnen nicht ein anderes Buch geliefert als versprochen. Es wurde aber zu einem höheren Preise abgegeben, als die Käufer annahmen und nach dem Vertrag annehmen durften. Denn indem ihnen zugesichert wurde, ein Teil ihrer Leistung werde zu einem bestimmten wohltätigen Zwecke verwendet, erhielten sie Anspruch darauf, dass nur ein Teil ihrer Zahlung als Entgelt für das Buch diene, die Mehrleistung dagegen als Spende an Dritte gehe. Um den Betrag der Spende sind sie bei dieser Betrachtungsweise geprellt worden. Das ist nicht subjektiver, d.h. nach dem Empfinden des Betroffenen einge ![]() ![]() | |
Die Käufer sind noch unter einem andern Gesichtspunkte, und zwar wiederum objektiv, nicht nach ihrem subjektiven Empfinden, geschädigt worden. Die Beschwerdeführer haben ihnen ein Buch aufgeschwatzt, das den Preis zwar wert war, das aber die Käufer nicht zum gleichen Preise wieder losschlagen können. Wollen sie es weiterverkaufen, so lösen sie daraus, da es aus zweiter Hand kommt, weniger als sie ausgelegt haben. Dieser individuelle Umstand ist bei der Ermittlung des Schadens zu berücksichtigen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Käufer hätten das Buch nicht zum Weiterverkauf, sondern zum persönlichen Gebrauche erworben, so wenig beispielsweise dem geprellten Schenker vorgehalten werden kann, er habe ja gewusst, dass er schenke (BGE 70 IV 196). Der Getäuschte hat Anspruch darauf, so gestellt zu werden, wie wenn der andere die Tat nicht begangen hätte. Die Käufer dürfen sich also des Buches, das ihnen durch Täuschung angehängt worden ist, wieder entledigen, was sie, wie gesagt, nur mit Verlust tun können. Dass der Verlag, nachdem der Betrug geltend gemacht worden war, es auf Verlangen zurückgenommen und den Preis ersetzt hat, ist belanglos. Das war Wiedergutmachung des eingetretenen Schadens.
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Demnach erkennt der Kassationshof: | |
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden abgewiesen. ![]() |