vom 12. Februar 1953 i.S. Stiftung Alan C. Harris und Else Harris geb. Treumann gegen 1. Erben der Frau Harris, 2. den amtlichen Erbschaftsverwalter Vegezzi.
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Regeste | |
1. Eine Klage für ungenannte Erben ist unzulässig (Erw. 3).
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2. Der amtliche Erbschaftsverwalter (Art. 554 ZGB) ist in Angelegenheiten der Erbschaft parteifähig. Wie weit erstreckt sich seine Handlungsbefugnis? (Erw. 4).
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3. Die mit einer Stiftung zu idealen Zwecken verbundene Auflage von Unterhaltsleistungen an den Stifter macht die Stiftung nicht ungültig. Art. 52 Abs. 3, 80 und 335 ZGB (Erw. 6, a).
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4. Bildet der Umstand, dass eine auf eigenes Begehren entmündigte Person darauf verfiel, eine namentlich zur Sicherung ihres Unterhaltes bestimmte Stiftung zu errichten, um die Aufhebung der Vormundschaft zu erlangen, was sie auch erreichte, einen Grund, die Stiftung als gegen die guten Sitten verstossend nichtig zu erklären (Art. 20 OR)? (Erw. 6, b). ![]() | |
A. | |
Die im Jahre 1868 geborene, am 30. Dezember 1949 verstorbene Frau Else Harris geb. Treumann wurde, nachdem sie wegen ihres Hanges zu grosser Verschwendung unter Beiratschaft mit Vermögensverwaltung nach Art. 395 Abs. 2 ZGB gestanden, am 26. März 1943 auf eigenes Begehren gemäss Art. 372 ZGB entmündigt. Doch bald trachtete sie darnach, von der Vormundschaft frei zu werden. Ihr Anwalt fand, genügenden Schutz könnte eine von ihr zu errichtende Stiftung bieten, der die Sicherung ihres Lebensbedarfs obläge. Ein Gutachten von Dr. J. Kaufmann bestätigte diese Ansicht. Nach anfänglichem Widerstreben bot der Gemeinderat von Horw zu der ihm vorgeschlagenen Lösung Hand. Mit Beschluss vom 14. Juni 1945 hob er die Vormundschaft in Anwendung von Art. 438 ZGB unter der Bedingung auf, dass alsbald die Stiftung gemäss dem bereinigten Entwurfe öffentlich beurkundet werde. Das geschah denn auch, die Aufhebung der Vormundschaft wurde rechtskräftig, und am 7. Dezember 1945 wurde die Stiftung im Handelsregister des Kantons Luzern eingetragen. Der Regierungsrat hatte die Aufsicht übernommen. Es handelte sich um eine Stiftung zu idealen Zwecken mit der Auflage, in bestimmter Weise für den Lebensbedarf der Stifterin aufzukommen.
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B. | |
Im Jahre 1949 ersuchte die Stifterin den Regierungsrat des Kantons Luzern, die Stiftung als nicht existent zu erklären und eventuell die Aufsicht niederzulegen. Der Regierungsrat trat am 7. Juli 1949 auf das Gesuch nicht ein, und die gegen diesen Beschluss beim Bundesgericht ergriffenen Rechtsmittel hatten keinen Erfolg (vgl. BGE 76 I 39). Die Stifterin wandte sich auch an die Gerichte, um die Stiftung aufheben zu lassen. Auf ihr Begehren fand im Oktober 1949 ein Friedensrichtervorstand statt. ![]() | |
Nach dem Hinscheid der Stifterin, die keine nahen Verwandten hinterliess, ordneten die Behörden des Kantons Tessin, wo sie zuletzt gewohnt hatte, auf Begehren des testamentarischen Alleinerben eine amtliche Erbschaftsverwaltung an. Hierauf klagte ein Anwalt namens 1. der Erben der Frau Harris, 2. des amtlichen Verwalters ihrer Erbschaft, auf gerichtliche Aufhebung der Stiftung als von Anfang an nichtig, ferner auf Herausgabe des Stiftungsvermögens und eventuell auf Zahlung einer Geldsumme.
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D. | |
Während das Amtsgericht von Luzern-Land die Klage ganz abwies, hiess das Obergericht des Kantons Luzern mit Urteil vom 19. März 1952 die Hauptbegehren gut, aus zwei Gründen: die Errichtung der Stiftung als Ersatz für die Vormundschaft verstosse gegen die guten Sitten, und ihrem wesentlichen Inhalt nach habe man es mit einer unzulässigen Genuss- oder Unterhaltsstiftung zu tun.
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E. | |
Mit vorliegender Berufung an das Bundesgericht hält die beklagte Stiftung am Antrag auf Abweisung der Klage fest.
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Das Bundesgericht tritt nicht ein auf die Klage der Erben, jedoch auf diejenige des Erbschaftsverwalters. Es verneint die vom Obergericht angenommenen Nichtigkeitsgründe, aus folgenden
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3. Die an erster Stelle als Kläger bezeichneten "Erben der Frau Harris" können auf diese Weise nicht als Partei auftreten. Sie werden gar nicht mit Namen genannt, und es liegen auch keine von Erben ausgestellte Anwaltsvollmachten vor. Eine Klage für Ungenannte gibt es aber nicht. Der Anwalt der Klägerschaft bemerkt übrigens in einer Zuschrift an das Bundesgericht, "die möglichen Erben" hätten die Erbschaft bisher weder angetreten noch ausgeschlagen. Es will danach niemand als Erbe an diesem ![]() ![]() | |
Erwägung 4 | |
Kommt ihm nach dem Gesagten Parteifähigkeit zu, so ist ferner zu prüfen, ob sich die Handlungsbefugnis des amtlichen Erbschaftsverwalters nach Art. 554 ZGB auf Rechtstreitigkeiten wie die vorliegende erstrecke. Ein solcher Verwalter hat im allgemeinen, anders als derjenige nach Art. 595 ZGB, keine Liquidationsmassnahmen zu treffen. Ihm liegt im wesentlichen nur die Sicherung, d.h. die Sichtung und Überwachung der Erbschaft ob. Immerhin hat er, entsprechend Art. 595 Abs. 2, ein Inventar aufzunehmen (BGE 47 II 41 Erw. 4), und es ist bisweilen ![]() ![]() ![]() ![]() | |
Erwägung 5 | |
Erwägung 6 | |
a) Das Obergericht betrachtet die in Art. II der Stiftungsurkunde vorgesehene "Auflage und Verpflichtung", an den Unterhalt der Stifterin beizutragen und dafür gegebenenfalls auch das Stiftungskapital anzugreifen, als den durch die idealen Zwecke nach Art. I verschleierten Hauptzweck der Stiftung. Man habe es also mit einer nach ständiger Rechtsprechung verpönten Genuss- oder Unterhaltsstiftung zu tun (BGE 73 II 83, 75 II 22 und 81). Die erwähnte Rechtsprechung bezieht sich indessen auf Familienstiftungen, die nach Art. 335 Abs. 1 ZGB nicht dazu errichtet werden dürfen, Angehörigen der Familie (etwa gar auf ungezählte Generationen hinaus) Zuschüsse für den Lebensaufwand zu beliebiger Verwendung zu verschaffen. Die Harris-Stiftung ist aber keine Familienstiftung im eigentlichen Sinne, denn Frau Harris hatte keine Familie, und sie sicherte sich in Art. II der Stiftungsurkunde nur ihren eigenen Lebensaufwand. Deshalb kann hier der gesetzgeberische Grund der in Art. 335 Abs. 1 ZGB aufgestellten Zweckbeschränkung (entsprechend dem Verbot der Errichtung von Familien-Fideikommissionen) nicht ![]() ![]() | |
b) Von irgendeiner durch die Stiftungsurkunde nicht offenbarten, aber der Stiftung in Wirklichkeit zugedachten rechts- oder sittenwidrigen Betätigung ist nicht die Rede. Das Obergericht sieht dagegen etwas Unmoralisches im Beweggrund der Stifterin, durch die Errichtung der Stiftung die ihr lästige Vormundschaft los zu werden; denn es gehe nicht an, die Möglichkeit der Vermögenswidmung ![]() ![]() | |
Der Umstand, dass den ersten Beweggrund zur Errichtung der Stiftung der Wunsch gebildet hatte, die Vormundschaft los zu werden, rechtfertigt es in der Tat, das Stiftungsprojekt zusammen mit dem darauf gestützten Gesuch um Aufhebung der Vormundschaft unter dem Gesichtspunkte des Art. 20 OR zu betrachten (vgl. die Praxis des deutschen Reichsgerichts zu § 138 BGB, namentlich Band 80 S. 221 der Entscheidungen in Zivilsachen; ferner Cuevas Cancino, La nullité des actes juridiques, S. 57: "... il se peut que ... l'immoralité soit dans les effets de l'acte", so dass unter Umständen ausserhalb des Rechtsgeschäftes liegende Auswirkungen desselben die Nichtigkeit begründen können). Nun mag es vorerst allerdings als fraglich erscheinen, ob es angehe, einer aus hinreichenden Gründen bevormundeten Person die Handlungsfähigkeit wieder zu geben im Hinblick auf eine von ihr geplante Stiftung, die sich mit der Wahrung ihrer Interessen befassen soll. Das wäre keinesfalls zulässig, wenn das Mündel persönlicher Fürsorge bedarf, die ihr die geplante Stiftung nicht zu bieten vermöchte. Auch wenn, wie im vorliegenden Falle, die Vormundschaft nur wegen der Vermögensangelegenheiten des Mündels angeordnet wurde, lässt sich durch eine noch so gut ausgebaute Stiftung nicht ohne weiteres ein gleichwertiger, die Vormundschaft (oder auch eine Beiratschaft) entbehrlich machender Schutz erzielen; denn es ist auch die Gefahr des Schuldenmachens über die verfügbaren Mittel hinaus in Betracht zu ziehen.
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Indessen ist hier nicht zu entscheiden, ob der mit dem ![]() ![]() | |
War Frau Harris durch die Stiftung mit entsprechender Auflage, wobei die zwei Vertreter der öffentlichen Hand im Stiftungsrate die laufende Vermögensgebarung über ![]() ![]() ![]() |