8. Auszug aus dem Urteil der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft AG (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) | |
8C_616/2022 vom 15. März 2023 | |
Regeste | |
Art. 22 UVG; Art. 17 Abs. 1 und Art. 53 Abs. 2 ATSG; Rentenaufhebung nach Erreichen des AHV-Rentenalters.
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Sachverhalt | |
A.a Die 1951 geborene A. war seit dem 13. Oktober 1976 als Kindergärtnerin angestellt und in dieser Eigenschaft bei der ELVIA Schweizerische Versicherungsgesellschaft Zürich (ELVIA; heute Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft AG [nachfolgend: Allianz]) ![]() ![]() | |
A.b Mit Verfügung vom 16. Oktober 2020 zog die Allianz ihre Verfügung vom 30. September 2002 in Wiedererwägung und stellte ihre Versicherungsleistungen per 31. Oktober 2020 ein. Mit Einspracheentscheid vom 12. Januar 2022 wies sie die von A. dagegen erhobene Einsprache ab, hob die Invalidenrente sowie die Integritätsentschädigung wiedererwägungsweise auf und stellte die Versicherungsleistungen per 31. Oktober 2020 ein.
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B. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 12. September 2022 ab. Auf das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde trat es nicht ein.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A. beantragen, es sei der Einspracheentscheid vom 12. Januar 2022 aufzuheben und es seien ihr weiterhin die Versicherungsleistungen zu erbringen.
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Die Vorinstanz und das Bundesamt für Gesundheit (BAG) verzichten auf eine Vernehmlassung. Die Allianz beantragt in ihrer Stellungnahme, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten; eventualiter sei diese abzuweisen. Die Beschwerdeführerin lässt eine Replik einreichen.
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D. Das Bundesgericht hat am 15. März 2023 eine öffentliche Beratung durchgeführt.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. ![]() | |
Erwägung 7 | |
"In Abweichung von Artikel 17 Absatz 1 ATSG kann die Rente ab dem Monat, in dem die berechtigte Person eine Altersrente der AHV bezieht, spätestens jedoch ab Erreichen des Rentenalters nach Artikel 21 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung nicht mehr revidiert werden." ![]() | |
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"In deroga all'articolo 17 capoverso 1 LPGA, la rendita non può più essere riveduta dal mese in cui l'avente diritto riceve una rendita di vecchiaia dell'AVS, ma al più tardi dal momento in cui lo stesso raggiunge l'età di pensionamento secondo l'articolo 21 della legge federale del 20 dicembre 1946 sull'assicurazione per la vecchiaia e per i superstiti."
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Die Bestimmung lautete in der vom 1. Januar 1984 bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung (d.h. vor Inkrafttreten des ATSG) wie folgt (AS 1982 1676):
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" 1 Ändert sich der Invaliditätsgrad des Rentenbezügers erheblich, so wird die Rente für die Zukunft entsprechend erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben. Nach dem Monat, in dem Männer das 65. und Frauen das 62. Altersjahr vollendet haben, kann die Rente nicht mehr revidiert werden.
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2 Für Untersuchungen und Beobachtungen, die für die Revision erforderlich sind, werden die gesetzlichen Leistungen erbracht. Erleidet der Versicherte durch die Untersuchungen oder Beobachtungen eine Verdiensteinbusse, so werden ihm Taggelder gewährt."
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7.6 Wie die Vorinstanz zutreffend festhielt, betrifft die Bestimmung von Art. 22 UVG vom klaren Wortlaut her nur die (materielle) Revision nach Art. 17 ATSG und nicht auch die prozessuale Revision und die Wiedererwägung gemäss Art. 53 ATSG. Dies ergibt sich auch aus der vor Inkrafttreten des ATSG geltenden Fassung von Art. 22 UVG, wo von der Änderung des Invaliditätsgrades und ![]() ![]() | |
7.7 Hätte der Gesetzgeber beabsichtigt, die Bestimmung von Art. 22 UVG auch auf Fälle der prozessualen Revision und der Wiedererwägung anzuwenden, hätte er diese zwei Rückkommenstitel in der Bestimmung erwähnt oder ganz allgemein von der Revision gesprochen, ohne darin einzig die Veränderung des Invaliditätsgrades (Bestimmung vor Inkrafttreten des ATSG) bzw. die Bestimmung von Art. 17 ATSG zu nennen. Gegen eine analoge Anwendung von Art. 22 UVG sprechen auch Sinn und Zweck der Wiedererwägung. Die Bestimmung von Art. 53 Abs. 2 ATSG regelt die Korrektur einer anfänglich unrichtigen Rechtsanwendung (THOMAS FLÜCKIGER, in: Basler Kommentar, Allgemeiner Teil des ![]() ![]() | |
7.8 Demnach verstiess das kantonale Gericht nicht gegen Bundesrecht, indem es Art. 22 UVG bei der Wiedererwägung nicht zur Anwendung brachte (vgl. dazu auch PRIBNOW/EICHENBERGER, in: Kommentar zum schweizerischen Sozialversicherungsrecht, UVG, Hürzeler/ Kieser [Hrsg.], 2018, N. 4 zu Art. 22 UVG; FRÉSARD/MOSER-SZELESS, L'assurance-accidents obligatoire, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 3. Aufl. 2016, S. 996 Rz. 301 ff.). ![]() |