6. Auszug aus dem Urteil der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Soziale Dienste Oberer Leberberg gegen IV-Stelle Solothurn (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) | |
8C_583/2022 vom 22. März 2023 | |
Regeste | |
Art. 59 ATSG; Art. 66 Abs. 1 IVV; Beschwerdelegitimation der Sozialhilfebehörde.
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Sachverhalt | |
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B. Auf die von den Sozialen Diensten gegen die Verfügung vom 26. April 2021 erhobene Beschwerde vom 13. September 2021 trat das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn - nach getroffenen Abklärungen zum Umfang der sozialhilferechtlichen Unterstützung der Sozialen Dienste - mit einzelrichterlichem Urteil vom 29. August 2022 nicht ein, da die Beschwerdelegitimation der Sozialen Dienste nicht gegeben sei.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lassen die Sozialen Dienste beantragen, die Sache sei unter Aufhebung des Urteils des Versicherungsgerichts vom 29. August 2022 an dieses zurückzuweisen, damit es in Dreierbesetzung über die Beschwerde vom 13. September 2021 einen neuen (Sach-)Entscheidfälle.
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Während die Vorinstanz auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichten die IV-Stelle, die Versicherte und das Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Vernehmlassung.
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3.2 Diese Beurteilung ist - zumindest im Ergebnis - nicht zu beanstanden. Ein Vertretungsverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und der Versicherten lag zwar nicht vor und musste aufgrund der Umstände auch nicht angenommen werden. Dementsprechend erhob die Beschwerdeführerin in eigenem Namen und nicht für die Versicherte Beschwerde. Aus dem angefochtenen Urteil ist nicht ersichtlich, gestützt auf welche Bestimmung von einem Eröffnungsfehler auszugehen ist. Ein solcher kann jedenfalls nicht aus Art. 37 Abs. 3 ATSG abgeleitet werden, der vorsieht, dass der Versicherungsträger seine Mitteilungen an die Vertretung macht, solange die Partei die Vollmacht nicht widerruft. Hingegen ergibt sich aus der subsidiär anwendbaren (vgl. Art. 55 Abs. 1 ATSG) Bestimmung ![]() ![]() | |
Erwägung 4 | |
Erwägung 5 | |
5.1 Die Legitimation zur Anfechtung einer Verfügung bzw. eines Einspracheentscheids durch Beschwerde an das kantonale Gericht richtet sich nach Art. 59 ATSG. Gemäss dieser Bestimmung ist zur Beschwerde berechtigt, wer durch die angefochtene Verfügung oder ![]() ![]() | |
Die Legitimation, einen bestimmten Anspruch auf dem Rechtsmittelweg geltend zu machen, steht sodann in einem engen Zusammenhang mit der Befugnis, die versicherte Person bei der Verwaltung zum Bezug der entsprechenden Leistung anzumelden. Soweit eine Sozialhilfebehörde den Anspruch auf Sozialversicherungsleistungen für eine versicherte Person im Anmeldeverfahren geltend machen kann, steht ihr deshalb grundsätzlich auch die Beschwerdelegitimation zu (BGE 146 V 331 E. 1.1 mit Hinweisen; BGE 98 V 54 E. 1). ![]() ![]() | |
Verneint wurde dagegen die Beschwerdelegitimation der einen Arbeitslosen unterstützenden Sozialhilfebehörde, welche beim kantonalen Versicherungsgericht eine dem Unterstützten eröffnete Verfügung der Arbeitslosenkasse betreffend Anrechnung einer Tätigkeit als Zwischenverdienst angefochten hatte. Dies geschah mit der Begründung, es fehle an einer spezialgesetzlichen oder aus dem ATSG ableitbaren Befugnis der unterstützenden Fürsorgebehörde, aus eigenem Recht ALV-rechtliche Leistungen im Anmeldeverfahren geltend zu machen, und die im Falle von Drittbeschwerden erhöhten Anforderungen an das Rechtsschutzinteresse seien nicht erfüllt (vgl. Urteil C 12/04 vom 14. Oktober 2004 E. 4 und 5).
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5.6 Der vorinstanzlichen Betrachtungsweise kann nicht gefolgt werden. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdelegitimation im Zeitpunkt der Beschwerdeeinreichung gegeben sein muss (vgl. E. 5.1 hiervor; vgl. auch BERNHARD WALDMANN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N. 4 zu Art. 89 BGG) und nicht bei Erlass der Verfügung der IV-Stelle, wovon die Vorinstanz auszugehen scheint. Dem von der Vorinstanz erwähnten Klientinnenkontoauszug und dem dazugehörigen Begleitschreiben ist sodann zu entnehmen, dass die Versicherte ab 3. März 2021 bis zum Zeitpunkt der Berichterstattung im März 2022 von der Sozialhilfe im Umfang von Fr. 48'771.35 wirtschaftlich unterstützt wurde, wie die Beschwerdeführerin zu Recht vorträgt. Ab März 2021 bis Ende April 2021 resp. bis zum 21. Juni 2021 - spätestens dann ist ein Beschwerdewille zu bejahen (vgl. E. 3.2 hiervor) - und damit während fast vier Monaten richtete die Beschwerdeführerin der Versicherten gemäss verbindlicher vorinstanzlicher Feststellung monatlich Fr. 1'806.- plus Selbstbehalte/Franchisen von insgesamt knapp Fr. 500.- aus. ![]() ![]() | |
Bei dieser finanziellen Beteiligung der Sozialhilfebehörde ist entgegen der Auffassung der Vorinstanz von einer regelmässigen Unterstützung im Sinne von Art. 66 Abs. 1 IVV auszugehen, auch wenn die Beschwerdeführerin zu Beginn die ausgerichteten Leistungen noch mit Arbeitslosentaggeldern verrechnen konnte. Die Beschwerdeführerin wies denn auch in ihrem Drittauszahlungsgesuch vom 31. Mai 2021 darauf hin, dass sie die Versicherte dauerhaft unterstütze. Wäre die Beschwerde erfolgreich und würde letztlich ein Rentenanspruch für die Versicherte resultieren, so könnte die Beschwerdeführerin bei der IV-Stelle aufgrund der erbrachten Vorschussleistungen die Drittauszahlung verlangen, wie sie zu Recht vorbringt (vgl. Art. 22 Abs. 2 ATSG; § 14 Abs. 1bis des Sozialgesetzes des Kantons Solothurn vom 31. Januar 2007 [BGS 831.1]).
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5.7 Nach dem Gesagten ist ein schutzwürdiges Interesse der Beschwerdeführerin an der Aufhebung oder Änderung der Verfügung vom 26. April 2021 im Zeitpunkt der Beschwerdeeinreichung zu bejahen und die Beschwerdelegitimation nach Art. 59 ATSG (und Art. 89 BGG) damit gegeben (vgl. E. 5.2 hiervor). Die Beschwerde ist gutzuheissen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese materiell über die Beschwerde der Beschwerdeführerin entscheide. ![]() |