27. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Helsana Unfall AG gegen A. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) | |
8C_621/2021 vom 18. Mai 2022 | |
Regeste | |
Art. 10 Abs. 3 UVG (in der seit 1. Januar 2017 geltenden Fassung); Art. 18 Abs. 2 lit. a UVV (in der seit 1. Januar 2017 geltenden Fassung); Hilfe und Pflege zu Hause; Art. 53 und Art. 56 Abs. 1 Satz 2 UVG; Spitex-Tarifvertrag (in der seit 1. Januar 2019 geltenden Fassung); Kostenübernahmepflicht für Leistungen nach Art. 18 UVV.
| |
Sachverhalt | |
![]() | |
B. Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden hiess die dagegen erhobene Beschwerde der A. in dem Sinne gut, dass es den angefochtenen Einspracheentscheid vom 6. November 2019 aufhob und die Angelegenheit zur Abklärung des unfallbedingten, durch den Verein Spitex zu erbringenden Pflege- und Hilfebedarfs von A. ![]() ![]() | |
C. Die Helsana führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den Rechtsbegehren, in Aufhebung des angefochtenen Urteils sei der Einspracheentscheid vom 6. November 2019 zu bestätigen.
| |
A. lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen. Der Verein Spitex B. hat ebenso wie das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung verzichtet.
| |
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
| |
Erwägung 3 | |
Erwägung 3.2 | |
3.2.1 Art. 18 Abs. 1 UVV (in der seit 1. Januar 2017 geltenden Fassung) sieht vor, dass die versicherte Person Anspruch auf ärztlich angeordnete medizinische Pflege zu Hause hat, sofern diese durch eine nach den Art. 49 und 51 der Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung (KVV; SR 832.102) zugelassene Person oder Organisation durchgeführt wird. Gemäss Art. 18 Abs. 2 lit. a UVV leistet der Versicherer einen Beitrag an ärztlich angeordnete ![]() ![]() | |
Der am 1. Januar 2019 gestützt darauf in Kraft getretene, hier interessierende Spitex-Tarifvertrag wurde abgeschlossen zwischen dem Verband Spitex Schweiz, dem Verband Association Spitex privée Suisse (ASPS) und der Medizinaltarif-Kommission UVG (MTK), der Militärversicherung (MV) und der Invalidenversicherung (IV). ![]() | |
Erwägung 6 | |
Erwägung 6.2 | |
Der versicherten Person steht unter den zugelassenen Organisationen das Wahlrecht nach Art. 10 Abs. 2 UVG zu. Unter der Annahme, ![]() ![]() | |
Herrscht dennoch ein vertragsloser Zustand, liegt es in der bundesrätlichen Kompetenz, die erforderlichen Vorschriften nach Anhörung der Parteien zu erlassen (Art. 56 Abs. 3 UVG). Damit soll das Funktionieren der Unfallversicherung gewährleistet werden, und sich ein tarifloser Zustand nicht zuungunsten der Versicherten auswirken. Gleichzeitig darf die Regelung des Bundesrates weder für den Leistungserbringer noch den Unfallversicherer von Vorteil sein (PÄRLI/KUNZ, a.a.O., N. 24 zu Art. 56 UVG).
| |
Erwägung 6.2.3 | |
6.2.3.1 Was die Gesetzesmaterialien angeht, wird zu Art. 56 UVG in der bundesrätlichen Botschaft vom 18. August 1976 zum Bundesgesetz über die Unfallversicherung (BBl 1976 III 205 Ziff. 404.2) erläutert, dass die Versicherungsträger im Interesse einer geordneten und nicht allzu kostspieligen Durchführung die Behandlung der Verunfallten ausschliesslich Medizinalpersonen und Heilanstalten übertragen können, mit denen sie die Zusammenarbeit geregelt und die Tarife festgelegt haben. Dies wirke sich in der Praxis kaum einschränkend auf die Wahlfreiheit aus, da erfahrungsgemäss fast alle Medizinalpersonen und Heilanstalten den Verträgen mit den Versicherungsträgern beitreten würden.
| |
6.2.3.2 Daraus erhellt, dass im Zentrum des gesetzgeberischen Willens die vertragliche Regelung der Zusammenarbeit und der Tarife zwischen Leistungserbringer und Unfallversicherer steht, mit dem Ziel einer effektiven Zusammenarbeit und einer möglichst kostengünstigen Behandlung. Indem der Gesetzgeber davon ausging, dass fast alle Leistungserbringer den Tarifverträgen beitreten würden, ![]() ![]() | |
Erwägung 6.2.4 | |
6.2.4.1 Die gesetzessystematische Einordnung dieser Bestimmung macht überdies deutlich, dass weder Art. 56 UVG noch Tarifverträge normative Vorgaben über die Leistungspflicht der Versicherungsträger beinhalten, wie die Vorinstanz bereits zutreffend darlegte. Die normativen Voraussetzungen zur Leistungspflicht des Unfallversicherers für Hilfe und Pflege zu Hause regeln vielmehr Art. 10 UVG in Verbindung mit Art. 18 UVV. Der Umstand, dass die Spitex B. dem Spitex-Tarifvertrag nicht beigetreten ist, beeinträchtigt ihre Eigenschaft als Leistungserbringerin im Sinne von Art. 18 UVV daher nicht. Ebenso wenig werden dadurch die gesetzlich und auf Verordnungsstufe geregelten Pflichtleistungen des Unfallversicherers tangiert (vgl. GÄCHTER/HACK-LEONI, in: Basler Kommentar, Unfallversicherungsgesetz, 2019, N. 6 zu Art. 56 UVG mit Hinweis auf BGE 110 V 187 E. 4).
| |
6.2.4.2 Die von der Beschwerdeführerin vertretene Ansicht einer fehlenden Vergütungspflicht mangels Tarifvereinbarung mit der Spitex B. zöge einen Eingriff in die normativen Regelungen über die Versicherungsansprüche gemäss Art. 18 UVV nach sich und hätte zur Folge, dass eine eigentliche Zusammenarbeits- und Tarifstreitigkeit mit dem Leistungserbringer auf Kosten der leistungsberechtigten Versicherten ausgetragen würde, was nach dem Gesagten nicht angeht.
| |
![]() | |
Aus dem Wortlaut von Art. 56 Abs. 1 Satz 2 UVG ergibt sich demnach nicht, dass, sofern keine zugelassene und dem Spitex-Tarifvertrag unterstehende Organisation die erforderliche Leistung erbringen kann, die Vergütungspflicht des Unfallversicherers für Pflegeleistungen nach Art. 18 Abs. 1 UVV dahinfällt. Insofern ist der Wortlaut von Art. 56 Abs. 1 Satz 2 UVG im Verhältnis zu seinem Zweck zu weit gefasst und in teleologischer Reduktion im Sinne des Erwogenen restriktiv zu interpretieren (vgl. BGE 143 II 268 E. 4.3.1; BGE 141 V 191 E. 3; BGE 140 I 305 E. 6.2; BGE 131 V 242 E. 5.2).
| |
Erwägung 7 | |
7.1 Was die Höhe der zustehenden Kostenvergütung betrifft, wies die Vorinstanz die Sache zur Festsetzung der geschuldeten Leistung ![]() ![]() | |
7.2 Für den ambulanten Pflegebereich drängt sich ein analoges Vorgehen auf, zumal kein vertragsloser Zustand herrscht. Entsprechend dieser Regelung hat daher die Spitex B. in Bezug auf Tarifhöhe und Berechnung eine Abrechnung nach dem bestehenden ![]() ![]() ![]() |