26. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen AXA Versicherungen AG (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) | |
8C_58/2022 vom 23. Mai 2022 | |
Regeste | |
Art. 6 Abs. 1 UVG; Art. 4 ATSG; Beurteilung der Adäquanz von organisch nicht hinreichend nachweisbaren Beschwerden nach einem Blitzunfall; Unfallschwere.
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Sachverhalt | |
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B. Die dagegen erhobene Beschwerde der A. wies das Obergericht Appenzell Ausserrhoden mit Urteil vom 14. Dezember 2021 ab.
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C. A. lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, das vorinstanzliche Urteil sei aufzuheben und es seien ihr die gesetzlichen Leistungen gemäss UVG (Taggeldleistungen, Heilbehandlung, Rente, Integritätsentschädigung) auszurichten. Eventualiter sei die Sache zu weiteren Abklärungen und neuem Entscheid zurückzuweisen.
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Während die AXA mit Verweis auf das vorinstanzliche Urteil auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichten die Vorinstanz und das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf eine Vernehmlassung. A. äussert sich zur Stellungnahme der AXA.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.
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Erwägung 2 | |
2.2 Das kantonale Gericht hat die massgeblichen Bestimmungen und Grundsätze über den für die Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers (Art. 6 Abs. 1 UVG in Verbindung mit ![]() ![]() | |
Erwägung 3 | |
Eine fehlerhafte Adäquanzprüfung erblickt die Beschwerdeführerin zunächst darin, dass die Vorinstanz das Unfallereignis vom 25. Juni 2017 als mittelschwer im engeren Sinne betrachtete. Richtigerweise hätte das Ereignis als mittelschwer im Grenzbereich zu den schweren Unfällen qualifiziert werden müssen.
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Erwägung 4.3 | |
4.3.2 Zum Unfallhergang hielt die Vorinstanz im Wesentlichen Folgendes fest: Die Beschwerdeführerin habe sich am Vormittag des 25. Juni 2017 auf der Hochtour D. befunden. In der Schadenmeldung vom 4. Juli 2017 sei angegeben worden, dass ein Blitz die Beschwerdeführerin getroffen habe. Der Blitzeinschlag sei am Kopf rechts oben hinten und der Blitzaustritt an den kleinen Zehen links und rechts erfolgt. Gegenüber dem Care Manager der AXA habe die Beschwerdeführerin am 15. Dezember 2017 angegeben, der Blitz ![]() ![]() | |
4.3.4 Im Urteil 8C_362/2011 vom 30. Juni 2011 hatte das Bundesgericht einen Fall zu beurteilen, in welchem der Versicherte beim Anfassen eines Stromkabels des Backofens mit beiden Händen einen Stromschlag erlitt. Dabei wurde er vom Strom nach hinten gestossen und es wurde ihm schwarz vor Augen. Er verlor kurz das Bewusstsein und fiel zu Boden. Weder klebte der Versicherte an der Stromquelle fest, noch bildeten sich Stromein- oder -austrittsmarken. Das Bundesgericht bestätigte seine Rechtsprechung, wonach für sich alleine ein Stromunfall mit Bewusstlosigkeit oder zumindest Benommenheit und mit Muskelkrämpfen als mittelschwerer Unfall im mittleren Bereich zu qualifizieren sei und ordnete das zu prüfende Ereignis dieser Kategorie von Unfällen zu (Urteil 8C_362/2011 vom 30. Juni 2011 E. 3.2 mit Hinweis auf die Urteile 8C_584/2010 vom 11. März 2011 E. 4.2.4; RKUV 1993 Nr. U 166 S. 92, U 29/92 E. 2b; Urteil U 137/93 vom 26. Oktober 1994 E. 2b). Im Gegensatz dazu wurde im Urteil 8C_584/2010 vom 11. März ![]() ![]() | |
4.3.5 Das Bundesgericht hatte sich erst kürzlich im Urteil 8C_437/2021 vom 25. November 2021 mit der Frage der Unfalladäquanz und der Unfallschwere im Zusammenhang mit einem Blitzunfall zu befassen. Die Vorinstanz hatte diesen als mittelschweren Unfall im engeren Sinne qualifiziert, wobei sie sich an der Rechtsprechung zu den (Stark)Stromunfällen orientierte. Das Bundesgericht erwog, der Beschwerdeführer weise zu Recht darauf hin, dass sich die Unfälle in den von der Vorinstanz zitierten Fällen (Urteile 8C_362/2011 vom 30. Juni 2011 E. 3.2; 8C_584/2010 vom 11. März 2011 E. 4.2) mit Spannungen zwischen 230 und 552 Volt ereignet hätten. Demgegenüber seien Blitzunfälle durch eine extrem hohe Stromstärke und eine sehr kurze Expositionsdauer charakterisiert. Das Schädigungsproblem bei Blitzunfällen seien die elektrische Energie, die hohe Temperatur und/oder die explosive Kraft der Druckwelle. Gemäss der vom kantonalen Gericht zitierten Quelle könnten bei einem Blitz Spannungen von mehr als 100 Mio. Volt auftreten. Die ![]() ![]() | |
Erwägung 4.4 | |
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4.4.5 Entgegen der vorinstanzlichen Betrachtungsweise kann einem Blitzunfall auch bei objektiver Betrachtungsweise eine besondere Eindrücklichkeit nicht abgesprochen werden. Ein Blitzeinschlag zusammen mit dem entsprechenden Knall erscheint noch eindrücklicher als ein Stromunfall. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kann es dabei nicht darauf ankommen, ob die versicherte Person aufgrund des Blitzeinschlags bewusstlos wird oder nicht. Zudem ist davon auszugehen, dass die versicherte Person wahrnimmt, vom ![]() ![]() | |
4.5.1 Die Vorinstanz liess die Frage nach dem natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und den organisch nicht hinreichend nachweisbaren Beschwerden offen, weil sie die Adäquanz verneinte, was nach dem Gesagten indessen nicht bestätigt werden kann. Praxisgemäss kann die Frage, ob ein natürlicher Kausalzusammenhang zwischen den medizinisch nicht hinreichend nachweisbaren Beschwerden und dem Unfall besteht, bei Verneinung der adäquaten Kausalität offengelassen werden (BGE 148 V 138 E. 5.1.2; BGE 135 V 465 E. 5.1 mit Hinweisen; Urteile 8C_409/2021 vom 15. September 2021 E. 6.2; 8C_438/2020 vom 22. Dezember 2020 E. 4.1). Nicht zulässig ist nach der Rechtsprechung hingegen, den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen allfälligen psychischen resp. organisch nicht hinreichend nachweisbaren Beschwerden und einem Unfallereignis zu bejahen, bevor die sich in tatsächlicher Hinsicht stellenden Fragen bezüglich der Natur der gesundheitlichen Beeinträchtigungen und des natürlichen Kausalzusammenhangs gutachterlich geklärt sind (BGE 148 V 138 E. 5.1.2; BGE 147 V 207 E. 6.1; Urteil 8C_409/2021 vom 15. September 2021 E. 6.2). ![]() ![]() | |
4.6 Bei diesem Ergebnis braucht auf die von der Beschwerdeführerin beantragte Praxisänderung nicht weiter eingegangen zu werden. Offenbleiben kann auch, ob mit Blick auf die zitierte medizinische Literatur (vgl. E. 4.3.5 in fine hiervor) bei Blitzunfällen von einem typischen Beschwerdebild mit psychischen und neurologischen Folgen gesprochen werden kann und ob es sich aufgrund der in der Literatur diskutierten Möglichkeit elektrochemischer ![]() ![]() ![]() |