29. Auszug aus dem Urteil vom 23. November 1977 i.S. G. gegen Ausgleichskasse des Kantons Zürich und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich | |
Regeste | |
Art. 52 AHVG.
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Subsidiäre Haftung eines Arbeitgeberorgans.
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Zusammenfassung der Rechtsprechung.
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Sachverhalt | |
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Mit Verfügung vom 9. Mai 1972 verpflichtete die Ausgleichskasse Dr. G. und L., für nicht abgerechnete Beiträge der X. AG aus den Jahren 1967 und 1968 unter Solidarhaftung Fr. 2'401.70 (inkl. Fr. 397.50 FAK-Beiträge) Schadenersatz zu bezahlen. Die Schadenersatzforderung wurde damit begründet, dass die X. AG im Jahre 1967 eine nachträgliche Salärgutschrift von Fr. 39'000.-- zugunsten von L. im Abrechnungsbogen nicht aufgeführt und die entsprechenden Beiträge nicht bezahlt habe. Im Jahre 1968 sei eine Differenz von Fr. 750.-- zur eingereichten Lohnbescheinigung festgestellt worden. Dieses Vorgehen beruhe auf einem grobfahrlässigen Verhalten von Dr. G. und L., die als Organe der in Konkurs geratenen X. AG subsidiär für den der Kasse erwachsenen Schaden verantwortlich seien.
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C.- Dr. G. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben, soweit es ihn belaste; es sei der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu erteilen. Es treffe ihn keinerlei Verantwortung für die Nichtabrechnung von Salärnachzahlungen bzw. Salärgutschriften der X. AG für das Jahr 1967. Die Vorgänge seien zu einer Zeit erfolgt, als er längst nicht mehr Verwaltungsrat dieser AG gewesen sei. L. habe 1967 kein weiterer Saläranspruch zugestanden, der eine Buchungs- und Abrechnungspflicht bereits im Jahre 1967 hätte begründen können. Zum Beweis für diese Behauptung sei die Buchhaltung der X AG vom zuständigen Konkursamt beizuziehen.
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Die Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherung beantragen Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unter Hinweis auf den bei der Vorinstanz ergangenen Schriftenwechsel und das angefochtene Urteil. ![]() | |
Art. 14 Abs. 1 AHVG in Verbindung mit Art. 34 f. AHVV schreibt vor, dass der Arbeitgeber bei jeder Lohnzahlung die Arbeitnehmerbeiträge in Abzug zu bringen und zusammen mit den Arbeitgeberbeiträgen der Ausgleichskasse zu entrichten hat. Die Arbeitgeber haben den Ausgleichskassen periodisch Abrechnungsunterlagen über die von ihnen an ihre Arbeitnehmer ausbezahlten Löhne zuzustellen, damit die entsprechenden paritätischen Beiträge ermittelt und verfügt werden können. Die Beitrags- und Abrechnungspflicht des Arbeitgebers ist eine gesetzlich vorgeschriebene öffentlichrechtliche Aufgabe, deren Nichterfüllung die Schadensdeckung im Sinne von Art. 52 AHVG nach sich zieht (vgl. BGE 98 V 29).
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Ist der Arbeitgeber - wie im vorliegenden Fall - eine juristische Person, die zur Zeit der Geltendmachung der Haftung nicht mehr besteht, so können gegebenenfalls die verantwortlichen Organe in Anspruch genommen werden, wie dies die Vorinstanz zutreffend dargelegt hat (vgl. auch BGE 96 V 125).
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Der Eintritt des Schadens im Sinne von Art. 52 AHVG muss als erfolgt gelten, sobald aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen die geschuldeten Beiträge nicht mehr erhoben werden können. Zu Recht hat die Vorinstanz festgestellt, dass der Schaden bei der am 20. Januar 1972 mangels Aktiven erfolgten Einstellung des Konkurses eingetreten ist (vgl. ZAK ![]() ![]() | |
Sollte es daher zutreffen, dass der Beschwerdeführer als ehemaliger Verwaltungsrat der X AG es grobfahrlässig unterlassen hat, über die fraglichen Beträge abzurechnen, ist der Kausalzusammenhang zwischen dieser Handlungsweise und dem eingetretenen Schaden gegeben. Der unmittelbare Grund des Schadenseintrittes liegt zwar im Konkurs der Firma begründet, aber die Unterlassung der Abrechnung war - im Sinne einer Teilursache - nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Erfahrung geeignet, zu dem hier eingetretenen Verlust der Beiträge zu führen.
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Der Beschwerdeführer ist nach eigenen Angaben bis zum 13. März 1969 Verwaltungsratspräsident der X AG gewesen; die Löschung des Mandats im Handelsregister erfolgte am 8. Mai 1969. Nach Art. 932 Abs. 2 OR wird eine Eintragung im Handelsregister gegenüber Dritten erst an dem Werktage wirksam, der auf den aufgedruckten Ausgabetag derjenigen Nummer des Schweizerischen Handelsamtsblattes folgt, in der die Eintragung veröffentlicht ist. Dasselbe gilt Dritten gegenüber für die Beendigung des Mandats (vgl. v. STEIGER, Das Recht der Aktiengesellschaft in der Schweiz 1970, S. 224). ![]() | |
Die Vorinstanz hat zu den erwähnten Einwänden des Beschwerdeführers nicht näher Stellung genommen, sondern auf den Bericht des Betriebskontrolleurs der Ausgleichskasse abgestellt und aus diesem Bericht gefolgert, dass die Beitragsabrechnung schon in den Jahren 1967/68 hätte erfolgen müssen. Der erwähnte Bericht über die Arbeitgeberkontrolle vom 26. April 1972 ist jedoch an sich nicht klar abgefasst, indem auf S. 2 von den "im Jahre 1967 an L. gutgeschriebenen Salärnachvergütungen von Fr. 39'000.--" die Rede ist, wogegen auf S. 2 b dieser auf das Jahr 1967 fallende Betrag als "nachträgliche Salärgutschrift" bezeichnet wird, welche Formulierung die Frage offen lässt, in welchem Zeitpunkt diese Gutschrift erfolgte. Entscheidend aber ist, dass sämtliche von der Verwaltung getroffenen "Feststellungen" im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren nur noch den Charakter beweisbedürftiger Parteibehauptungen haben und daher im erstinstanzlichen Beschwerdeverfahren unabhängig davon, ob es sich um Leistungs- oder andere Streitigkeiten handelt, nach der Untersuchungsmaxime überprüft werden müssen und dies insbesondere dann, wenn diese Feststellungen von der Gegenpartei ausdrücklich angefochten werden. Diese Abklärung, die hier vornehmlich durch Beizug der Buchhaltung der Firma und eventuell auch durch Zeugeneinvernahmen hätte vorgenommen werden können und müssen, ist nicht erfolgt. Die vorinstanzliche Tatbestandsabklärung erweist sich somit in diesem Punkt im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG als unvollständig. Die Vorinstanz wird daher noch die erforderlichen Abklärungen treffen und gestützt auf das Beweisergebnis prüfen müssen, ob gegenüber dem Beschwerdeführer die Haftungsvoraussetzungen des Art. 52 AHVG erfüllt sind.
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6. Voraussetzung der Schadensersatzpflicht nach Art. 52 AHVG ist, dass der Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften den Schaden verursacht hat. Eine vorsätzliche Missachtung der Vorschriften fällt im vorliegenden Fall ausser Betracht. Bei Beurteilung der Frage, ob dem Beschwerdeführer grobe Fahrlässigkeit zur Last zu legen ist, wird zu beachten sein, dass nicht schlechthin jedes der Firma als solcher anzulastende Verschulden auch ein solches seiner sämtlichen Organe sein muss. Vielmehr wird ![]() ![]() ![]() ![]() | |
7. Soweit sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf jenen Teil des Schadenersatzanspruches bezieht, der auf der Behauptung beruht, dass im Jahre 1968 über einen Lohnbestandteil von Fr. 750.-- nicht abgerechnet worden sei, hat der Beschwerdeführer in seiner Begründung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde überhaupt nichts vorgebracht. Es ist daher davon auszugehen, dass in tatbeständlicher Hinsicht keine Einwendungen gegen die Annahme der Vorinstanz erhoben werden, dass im Jahre 1968 die fragliche Abrechnung unterblieben sei. Dagegen wird die Vorinstanz von Amtes wegen die Rechtsfrage zu prüfen haben, ob im Sinne der vorstehenden Erwägungen die fragliche Nichtabrechnung dem Beschwerdeführer als grobe Fahrlässigkeit anzurechnen ist. ![]() |