22. Urteil des Kassationshofes vom 10. Mai 1988 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen gegen L. (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste | |
Art. 268 Ziff. 1 Satz 2 BStP; Art. 45, 50 und 56 EG StGB/SH.
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Sachverhalt | |
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Der Verurteilte erhob gegen beide Verfügungen Einsprache, welche vom Übertretungsstrafamt am 4. Februar 1987 abgewiesen wurden. Dagegen erhob der Verurteilte Rekurs. Der Bezirksrichter ![]() ![]() | |
Gegen diesen Entscheid erhebt die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache zur Erhöhung der ausgefällten Strafe, zur Verweigerung des bedingten Strafvollzugs und zur Widerrufung des am 13. Dezember 1985 gewährten bedingten Strafvollzugs an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Gegen eine im Einspracheverfahren erlassene Strafverfügung steht dem Betroffenen der Rekurs an den zuständigen Bezirksrichter offen (Art. 45 Abs. 1 EG StGB). Im gerichtlichen Verfahren ersetzt die dem Rekurrenten übermittelte Strafverfügung die Anklageschrift (Art. 50 Abs. 1 EG StGB). Der Bezirksrichter fällt sein Urteil, wobei er an die rechtliche Beurteilung des Falles "durch die Vorinstanz" und an die von ihr verfügte Strafe nicht gebunden ist (Art. 56 EG StGB).
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2. Nach Art. 268 Ziff. 1 BStP ist die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde nicht zulässig gegen Urteile unterer Gerichte, wenn diese als einzige kantonale Instanz entschieden haben. Der Bezirksrichter ![]() ![]() | |
Wohl hat das Bundesgericht in früheren Entscheiden Urteile des Bezirksrichters Schaffhausen als beschwerdefähige Urteile im Sinne von Art. 268 Ziff. 1 BStP betrachtet. In BGE 99 IV 103 ff. war die Frage der Letztinstanzlichkeit indessen gar nicht geprüft worden. Im Entscheid vom 27. August 1976 i.S. E. (BGE 102 IV 138 ff.) führte das Bundesgericht (in der nicht publizierten Erwägung 3) nur aus, die im übertretungsstrafamtlichen Verfahren ergangene Einspracheverfügung sei ein erstinstanzliches Urteil, das auf Rekurs hin vom Bezirksrichter in zweiter Instanz überprüft worden sei, weshalb auf die Nichtigkeitsbeschwerde einzutreten sei. Dabei wurde aber offenbar übersehen, dass die angefochtene Verfügung im Rekursverfahren vor dem Bezirksrichter zur Anklageschrift wird und damit als Urteilsspruch dahinfällt.
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Hat aber der Bezirksrichter Schaffhausen die eingeklagte Tat aufgrund einer ihm vorliegenden Anklageschrift zu prüfen und nicht ein früheres Urteil auf seine Rechtmässigkeit hin zu untersuchen, dann entscheidet er als einzige kantonale Instanz mit der Folge, dass die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 268 Ziff. 1 BStP nicht zulässig ist. Es verhält sich diesbezüglich ähnlich wie in den bereits erwähnten, durch BGE 106 IV 96 und BGE 94 IV 43 f. beurteilten Fällen. Urteilen von bezirksgerichtlichen Einzelrichtern gehen oft Strafverfügungen voraus, die, würden sie als erstinstanzliche Urteile gelten, den Zweck der im Jahre 1965 erfolgten Revision von Art. 268 Ziff. 1 BStP vereiteln würden. Dies war nicht der Sinn der erwähnten Revision.
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