76. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 30. November 1979 i.S. Staatsanwaltschaft Graubünden gegen W. (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste | |
Art. 44 Ziff. 5 StGB.
| |
Sachverhalt | |
![]() | |
"Der Vollzug der Strafe wird aufgeschoben und W. wird in eine Trinkerheilanstalt eingewiesen, wobei sein Aufenthalt in der Trinkerheilstätte Kirchlindach vom 15.4.1978 bis 4.10.1978 anzurechnen ist."
| |
B.- Auf Berufung der Staatsanwaltschaft hat der Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden nach Einholung eines Ergänzungsgutachtens bei der psychiatrischen Klinik Beverin und ![]() ![]() | |
"3. Die Freiheitsstrafe von vier Monaten Gefängnis ist im Sinne von Art. 44 Ziff. 5 StGB durch den Aufenthalt in der Trinkerheilanstalt Nüchtern in Kirchlindach getilgt."
| |
C.- Die Staatsanwaltschaft Graubünden führt gegen diesen Entscheid Nichtigkeitsbeschwerde. Sie macht geltend, ein freiwilliger Aufenthalt in einer Trinkerheilstätte könne nicht auf die ausgefällte Freiheitsstrafe angerechnet werden, Art. 44 Ziff. 5 StGB könne nur nach dem Vollzug einer vom Richter angeordneten Massnahme und nach vorgängigem Aufschub der Strafe zur Anwendung gelangen. Ein freiwilliger Anstaltsaufenthalt könne nur im Rahmen von Art. 41 Ziff. 1 StGB berücksichtigt werden. Der Entscheid der Vorinstanz sei daher aufzuheben und die Sache sei zu neuer Beurteilung im Sinne der Beschwerdebegründung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
| |
D.- Der Kantonsgerichtsausschuss beantragt die Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde.
| |
a) Der Wortlaut dieser Bestimmung ist auf den Fall der vom Richter unter Aufschub der Strafe angeordneten Massnahme zugeschnitten. Der letzte Satz von Art. 44 Ziff. 5 StGB bringt eindeutig zum Ausdruck, dass der Aufenthalt in der Trinkerheilanstalt dem Vollzug einer Freiheitsstrafe insofern gleichzustellen ist, als der Anstaltsaufenthalt bei nachträglichem Strafvollzug auf die Strafdauer anzurechnen ist.
| |
b) Der Beschwerdegegner ist vor der gerichtlichen Beurteilung seiner Verfehlungen im Anschluss an die psychiatrische Untersuchung in der Klinik Beverin unter Mitwirkung der Alkoholfürsorge in die Trinkerheilstätte Nüchtern eingetreten. Erst nach der erfolgreich abgeschlossenen Entziehungskur fand ![]() ![]() | |
Diese Konsequenzen zeigen, dass der angefochtene Entscheid sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut von Art. 44 Ziff. 5 StGB ergibt, aber der radio legis dieser Bestimmung entspricht. Es wäre in hohem Masse unbefriedigend, wenn die Verschiebung der gerichtlichen Beurteilung und die vorangehende Durchführung einer formell freiwilligen Massnahme im Ergebnis eine klare Benachteiligung des Betroffenen zur Folge hätte. Dass zur Vermeidung solcher dem Sinn und Zweck von Art. 44 StGB eindeutig zuwiderlaufenden Folgen der letzte Satz von Art. 44 Ziff. 5 auch bei einer Massnahme zur Anwendung kommt, welche nur deswegen nicht vom Gericht formell angeordnet wurde, weil sie bereits auf freiwilliger Basis durchgeführt war, verstösst nicht gegen Bundesrecht.
| |
2. In der Begründung der Nichtigkeitsbeschwerde wird die Befürchtung geäussert, wenn freiwillige Anstaltsaufenthalte richterlichen Massnahmen im Sinne von Art. 43 und 44 StGB gleichgesetzt würden, dann hätte es mancher Angeklagte in der Hand, der drohenden Strafverbüssung durch den freiwilligen Aufenthalt in der Anstalt seiner Wahl zuvorzukommen. Von einer solchen generellen Anerkennung jedes privat gewählten Anstaltsaufenthaltes als "Strafvollzug" kann natürlich keine Rede sein. Die Anwendung der Anrechnungsklausel von Art. 44 Ziff. 5 StGB setzt voraus, dass die freiwillig durchgeführte ![]() ![]() ![]() |