21. Urteil des Kassationshofes vom 8. Juli 1954 i.S. Brunner gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden. | |
Regeste | |
Art. 253 Abs. 1 StGB.
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Sachverhalt | |
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B.- Am 22. Oktober 1953 erklärte das Kantonsgericht von Graubünden Brunner der Erschleichung einer falschen Beurkundung im Sinne des Art. 253 Abs. 1 StGB und der fortgesetzten vorsätzlichen Zuwiderhandlung gegen Art. 40 Abs. 1 des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz schuldig, verurteilte ihn zu einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von vierzehn Tagen und zu einer bedingt löschbaren Busse von Fr. 250.--, schloss ihn für fünf Jahre ![]() ![]() | |
Es sah das Verbrechen des Art. 253 Abs. 1 StGB in der Erschleichung des Jagdpatentes. Es führte aus, das Patent sei bestimmt und geeignet, die Tatsache der Berechtigung zur Jagd abschliessend zu beweisen. Darin werde festgehalten, dass sein Inhaber alle vom Gesetz geforderten Voraussetzungen erfülle und daher das Recht zur Jagd besitze. Wer bewusst die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen vortäusche, obschon er sie nicht erfülle, bewirke die unrichtige Beurkundung einer rechtserheblichen Tatsache. Der Beamte, der das Patent ausstelle, halte darin nicht nur einzelne für die Jagdberechtigung massgebliche Daten, wie z.B. das Alter, fest, sondern bescheinige darüber hinaus die Jagdberechtigung. Wenn man auch nicht sagen könne, das Jagdpatent habe hinsichtlich dieser einzelnen Daten (Alter, Vorstrafenlosigkeit usw.) Urkundencharakter, so habe es solchen doch ohne Zweifel hinsichtlich der Jagdberechtigung. Wer bei der Ausstellung des Patentes falsche Angaben über Alter und Vorstrafen mache, bewirke eben nicht nur die unrichtige,Beurkundung'dieser Tatsachen an sich, sondern die Beurkundung eines Rechts, das ihm in Wahrheit nicht zukomme.
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C.- Brunner führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil sei aufzuheben und die Sache zur Freisprechung des Beschwerdeführers von der Anklage der Erschleichung einer falschen Beurkundung an das Kantonsgericht zurückzuweisen, unter Kosten- und Entschädigungsfolge. Er macht geltend, das Jagdpatent sei nicht eine Urkunde über die Jagdberechtigung, da der Beamte, der es ausstellte, nicht zuständig gewesen sei, zu beurkunden, dass der Inhaber die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausübung der Jagd erfülle und damit jagdberechtigt sei. Beurkundet sei bloss die Tatsache, dass der Beschwerdeführer die Patentgebühr bezahlt habe.
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D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden hat auf Gegenbemerkungen verzichtet.
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2. Das Kantonsgericht ist der Auffassung, in der als Hochjagd-Patent bezeichneten Karte, die dem Beschwerdeführer am 8. September 1953 ausgestellt wurde, habe das Pass- und Patentbüro beurkundet, dass der Beschwerdeführer die gesetzlichen Voraussetzungen der Jagdberechtigung erfülle. Unter den gesetzlichen Voraussetzungen versteht es nicht die formelle (und zutreffende) Tatsache, dass der zuständige Beamte dem Beschwerdeführer die Bewilligung zur Ausübung der Jagd erteilt habe, sondern die materiellen Voraussetzungen, ohne die ein Jagdpatent ![]() ![]() | |
Die einzige materielle Voraussetzung der Jagdberechtigung, über die die erwähnte Karte etwas sagt, ist indessen die an ihrem Fusse angebrachte Gebühren-Quittung, die nach ihrem gedanklichen Inhalt wahr ist, da der Beschwerdeführer die Gebühren tatsächlich bezahlt hat. Über die übrigen materiellen Voraussetzungen, insbesondere darüber, dass der Beschwerdeführer in den letzten fünf Jahren vor dem 8. September 1952 weder zu Zuchthaus noch zu Gefängnis verurteilt worden sei und dass er in seinem Wohnkanton die Voraussetzungen der Jagdberechtigung erfülle, sagt die Karte weder nach ihrem Wortlaut noch nach ihrem Sinne etwas. Sie bildet höchstens ein Indiz dafür, dass diese Voraussetzungen erfüllt seien. Ihr unmittelbarer gedanklicher Inhalt erschöpft sich darin, dass das Pass- und Patentbüro der in der Karte bezeichneten Person "die Bewilligung zur Ausübung der Jagd gemäss den Vorschriften über den Jagdbetrieb erteile". Das ist eine auf das kantonale Jagdregal gestützte Erlaubnis, nicht eine Feststellung (Bescheinigung), dass die tatsächlichen Voraussetzungen, unter denen sie erteilt wird, erfüllt seien. Es ist nicht etwa so, dass jeder, der die materiellen Voraussetzungen erfüllt, ohne weiteres berechtigt wäre, zu jagen, und die Karte lediglich den Sinn eines Ausweises über diese Voraussetzungen hätte, die der ohne Patent Jagende im Streitfall auch auf andere Weise dartun dürfte. Nach Art. 1 Abs. 2 des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz ordnen die Kantone die Voraussetzungen für die Erlangung der Jagdberechtigung und bestimmen das Jagdsystem (Pachtjagd, Patentjagd). Das bündnerische Jagdgesetz vom 25. Juli 1926/25. Juli 1943 sieht die "Erteilung der Jagdbewilligung durch Ausgabe von Patenten" vor (Art. 3). Ohne die Jagdbewilligung darf überhaupt nicht gejagt werden. Diese Bewilligung aber ist dem Beschwerdeführer ![]() ![]() | |
Demnach erkennt der Kassationshof:
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Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden vom 22. Oktober 1953 insoweit aufgehoben, als es den Beschwerdeführer der Erschleichung einer falschen Beurkundung schuldig erklärt und ihn deswegen bestraft hat, und die Sache wird zur Freisprechung in diesem Punkte an das Kantonsgericht zurückgewiesen. ![]() |