31. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. Ltd. (in Liquidation) gegen D. LLP (Beschwerde in Zivilsachen) | |
5A_925/2021 vom 2. März 2023 | |
Regeste | |
Art. 256 Abs. 2 ZPO; Art. 29 Abs. 2, Art. 166 ff. IPRG; Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets.
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Sachverhalt | |
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B.
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(...)
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B.c Das Bezirksgericht trat auf das Revisionsgesuch mit Verfügung vom 29. Juni 2021 nicht ein und stellte fest, dass der Aufschub der Vollstreckbarkeit des Urteils vom 18. November 2020 sowie die entsprechenden Anweisungen dahin fallen. Der sich aus der Begründung ergebende Nichteintretensentscheid zum Antrag gemäss Art. 256 Abs. 2 ZPO wurde nicht in das Dispositiv des bezirksgerichtlichen Entscheids aufgenommen.
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C.
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C.a Am 8. Juli 2021 erhob die D. LLP Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich und beantragte im Wesentlichen, das Urteil des Bezirksgerichts Zürich aufzuheben und das (vermeintliche) Konkursdekret nicht anzuerkennen.
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(...)
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C.c Mit Urteil vom 12. Oktober 2021 hiess das Obergericht des Kantons Zürich die Beschwerde gut und hob den Nichteintretensentscheid des Bezirksgerichts Zürich vom 29. Juni 2021 auf. In Gutheissung des Antrags um Aufhebung des Entscheids gemäss Art. 256 Abs. 2 ZPO hob es das Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 18. November 2020 auf und wies das Gesuch um Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets ab. Zudem hob das Obergericht auch den Entscheid des Bezirksgerichts Zürich vom 6. Januar 2021 über den Verzicht auf die Durchführung eines Konkursverfahrens auf.
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D.
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D.a Die A. Ltd. ist mit Beschwerde in Zivilsachen vom 8. November 2021 an das Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung des Urteils des Obergerichts des Kantons Zürich vom 12. Oktober 2021. Weder auf das Revisionsgesuch noch auf den Antrag um Aufhebung des Entscheids gemäss Art. 256 Abs. 2 ZPO sei einzutreten, eventualiter seien sie abzuweisen. Subeventualiter sei das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Weiter ersucht die Beschwerdeführerin um aufschiebende Wirkung.
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(...)
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(Auszug)
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Erwägung 3.1 | |
3.1.2 Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung beinhalten gerichtliche Anordnungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Begründung, Änderung oder Aufhebung von Privatrechtsverhältnissen (BGE 136 III 178 E. 5.2 mit Hinweis; Urteile 5A_142/2019 vom 29. April 2020 E. 3.4.1.1; 5A_434/2012 vom 18. Dezember 2012 E. 3.2.3; vgl. auch BGE 139 III 225 E. 2.2). Das Vorliegen eines Ein- oder Mehrparteienverfahrens ist nicht das ausschlaggebende Abgrenzungskriterium zwischen den beiden Verfahren; auch bei Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit kann die Rechtsanwendung in einem Verfahren erfolgen, in dem sich zwei Parteien gegenüberstehen können, aber sich nicht notwendigerweise gegenüberstehen müssen (BGE 136 III 178 E. 5.2 m.w.H.; zit. Urteil 5A_142/2019 E. 3.4.1.1). Ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit kann auch in ein (streitiges) Zweiparteienverfahren münden, wenn eine betroffene Person gegen die Anordnung der freiwilligen Gerichtsbarkeit ein Rechtsmittel ergreift (BGE 136 III 178 E. 5.2; Urteile 5A_1035/2019 vom 12. März 2020 E. 6.1.2.1; 5P.212/2005 vom 22. August 2005 E. 2.2; je mit Hinweisen). Im Gegensatz dazu gilt gemäss Rechtsprechung eine streitige Zivilsache als ein kontradiktorisches Verfahren zwischen ![]() ![]() | |
3.2.1 Das Verfahren um Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets wird durch einen Antrag eingeleitet. Antragsberechtigt sind gemäss Art. 166 Abs. 1 IPRG die ausländische Konkursverwaltung, der Gemeinschuldner oder ein Konkursgläubiger. Zur Frage, ob und welche Gesuchsgegner ins Recht zu fassen sind, äussern sich Art. 166 ff. IPRG nicht ausdrücklich (VOLKEN/RODRIGUEZ, in: Zürcher Kommentar zum IPRG, 3. Aufl. 2018, N. 9 zu Art. 167 IPRG; vgl. auch BRACONI, in: Commentaire romand, Loi sur le droit international privé, Convention de Lugano, 2011, N. 11 zu Art. 167 IPRG). Nach Art. 29 Abs. 2 IPRG, auf den Art. 167 Abs. 1 IPRG sinngemäss verweist, sind die Parteien, die sich dem Begehren widersetzen, im Anerkennungsverfahren anzuhören. Die Parteistellung bestimmt sich nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung analog nach Art. 6 i.V.m. Art. 48 VwVG (SR 172.021); Parteistellung hat demnach, wer durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat (BGE 139 III 504 E. 3.3 mit Hinweisen; Urteil 5A_87/2020 vom 7. Juli 2020 E. 2.2). Die sinngemässe Anwendung von Art. 29 Abs. 2 IPRG schreibt dem Gericht jedoch nicht vor, sämtliche Personen, denen potentiell Parteistellung zukommen könnte, vor Erlass des Anerkennungsentscheides vorzuladen und anzuhören. Es ist gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung mit Art. 29 Abs. 2 IPRG vereinbar, wenn potentiell legitimierte Personen durch die in Art. 169 Abs. 1 IPRG vorgesehene Publikation des Anerkennungsentscheids informiert werden und sie Gelegenheit erhalten, ein Rechtsmittel dagegen zu erheben (BGE 146 III 247 E. 4.1.1; BGE 139 III 504 E. 3.2; Urteil B.144/1991 ![]() ![]() | |
Erwägung 3.3 | |
3.3.1 Im vorliegenden Fall stellte die Beschwerdeführerin den Antrag um Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets in der Rolle der ausländischen Gemeinschuldnerin, vertreten durch eine ausländische Konkursverwaltung. Gesuchsgegner wurden keine bezeichnet. Es blieb unbestritten, dass die Beschwerdegegnerin als Arrestgläubigerin mit Blick auf die Rechtsfolgen der Anerkennung (Art. 170 Abs. 1 IPRG i.V.m. Art. 199 und 206 SchKG) in ihren Interessen betroffen ist (vgl. Urteil 5P.150/1993 vom 1. Oktober 1993 ![]() ![]() | |
3.4.1 Zwar folgert die Lehre aus der zitierten bundesgerichtlichen Rechtsprechung, dass das Verfahren um Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets je nach Parteikonstellation und Praktikabilität des Einbezugs eines weiten und teilweise unbekannten Kreises potentieller Gesuchsgegner als nichtstreitiges Einparteienverfahren oder als streitiges Zweiparteienverfahren ausgestaltet werden kann (vgl. BERTI/MABILLARD, a.a.O., N. 15 und 18 zu Art. 167 IPRG; BRACONI, a.a.O., N. 12 zu Art. 167 IPRG; DANIEL STAEHELIN, a.a.O., S. 31 f.). ![]() ![]() | |
3.4.2 Das Verfahren um Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets ist primär in Art. 167 ff. IPRG geregelt. Soweit weder ein Staatsvertrag noch das IPRG etwas anderes bestimmen, richtet sich die Anerkennung nach den Bestimmungen über die Vollstreckung von Entscheiden gemäss Art. 335-346 ZPO (Art. 335 Abs. 3 IPRG; BGE 139 III 504 E. 3.1; BERTI/MABILLARD, a.a.O., N. 1 zu Art. 167 IPRG; BUCHER, in: Commentaire romand, Loi sur le droit international privé, Convention de Lugano, 2011, N. 2 in fine zu Art. 29 IPRG; VOLKEN/RODRIGUEZ, a.a.O., N. 6 zu Art. 167 IPRG). Das Gesetz enthält weder eine ausdrückliche Anordnung von Art. 256 Abs. 2 ZPO in diesem Verfahren, noch lässt die Einordnung der freiwilligen Gerichtsbarkeit als (anderes) summarisches Verfahren, in erster Linie geregelt im 5. Titel der ZPO, systematisch auf eine solche schliessen. ![]() ![]() | |
3.4.3 Anerkennungsentscheide gemäss Art. 167 ff. IPRG können auch mit Blick auf die Rechtswirkungen von Art. 256 Abs. 2 ZPO nicht (direkt oder analog) als Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit qualifiziert werden. Die Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets zieht grundsätzlich für das in der Schweiz gelegene Vermögen des Schuldners die konkursrechtlichen Folgen des schweizerischen Rechts nach sich (Art. 170 Abs. 1 IPRG). Wie Entscheide über die Konkurseröffnung ist auch der Entscheid über die Anerkennung ausländischer Konkursdekrete ein Gestaltungsentscheid, der sich gegenüber allen Gläubigern erstreckt (DANIEL STAEHELIN, a.a.O., S. 114 f.; GASSMANN, in: Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, Art. 1-200 IPRG, 3. Aufl. 2016, N. 2 zu Art. 167 IPRG; BERTI/MABILLARD, a.a.O., N. 59 zu Art. 166 IPRG; zur Konkurseröffnung MARKUS, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Bd. I, Art. 1-149 ZPO, 2012, N. 18 zu Art. 87 ZPO; vgl. auch BGE 140 III 379 E. 4.2.1). Der Entscheid auf Anerkennung eines seinerseits endgültigen ausländischen Konkursdekrets zielt damit auf eine dauernde Regelung der zivilrechtlichen Verhältnisse im Sinne einer res iudicata ab (vgl. DANIEL STAEHELIN, a.a.O., S. 15; BGE 140 III 278 E. 3.2; MÜLLER-CHEN, in: Zürcher Kommentar zum IPRG, 3. Aufl. 2018, N. 76 zu Art. 25 IPRG; BUCHER, a.a.O., N. 36 zu Art. 25 IPRG). Die Gestaltungswirkungen des Anerkennungsentscheids ![]() ![]() | |
3.4.4 Die Vorinstanz verbindet den Antrag um Aufhebung des Entscheids gemäss Art. 256 Abs. 2 ZPO mit dem Anspruch auf Wahrung des rechtlichen Gehörs im Anerkennungsverfahren gemäss Art. 29 Abs. 2 IPRG. Dieses Erfordernis wäre mit der Publikation des Entscheids und dem Hinweis auf die Beschwerdemöglichkeit erfüllt (dazu oben E. 3.2.1 und 3.3.1). Eine zusätzliche Gelegenheit zur nachträglichen Wahrnehmung des rechtlichen Gehörs zugunsten betroffener Personen im Gefäss von Art. 256 Abs. 2 ZPO kann die Vorinstanz auch nicht damit rechtfertigen, dass dies in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht untypisch sei und dabei als Beispiel auf die Möglichkeit der Einsprache gegen gerichtliche Verbote verweist. Eine doppelte Möglichkeit, sich im Anerkennungsverfahren Gehör zu verschaffen, lässt sich nicht mit dem Anspruch nach einem einfachen und praktikablen Verfahrensgang vereinbaren, der gerade der Rechtsprechung hinsichtlich der nachträglichen Gewährung des Rechtsschutzes zugrunde liegt (vgl. oben E. 3.2.1). Zum anderen ist die (einmalige) nachträgliche Gewährung des rechtlichen Gehörs zusammen mit einer vollen Kognition auch in anderen Verfahren nicht untypisch, z.B. hinsichtlich der Beschwerde gegen einen Entscheid des Vollstreckungsgerichts nach Art. 38 ff. LugÜ (SR 0.275.12) bzw. Art. 327a ZPO (vgl. KAUFMANN-KOHLER/RIGOZZI, a.a.O., N. 13 zu Art. 167 IPRG), oder die Einsprache gemäss Art. 278 SchKG, ohne dass diesen Verfahren mit Blick auf die Anwendung ![]() ![]() | |