43. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung i.S. A. gegen Grundbuchamt B. und Justizkommission des Obergerichts des Kantons Luzern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
5A.20/2001 vom 21. Januar 2002 | |
Regeste | |
Landwirtschaftliches Grundstück; selbstständiges und dauerndes Baurecht; Belastung des Baurechtsgrundstücks mit Grundpfandrechten.
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Das BGBB knüpft in Art. 2 an den Grundstücksbegriff von Art. 655 ZGB an. Er umfasst daher in erster Linie Liegenschaften, mithin Teile der Bodenfläche, dann aber auch Miteigentumsanteile und selbstständige, dauernde Rechte (E. 3a).
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Das selbstständige und dauernde Kiesabbaurecht untersteht nicht dem BGBB, weil der Abbau von Kies und Sand eine nichtlandwirtschaftliche gewerbliche Tätigkeit ist, und weil die Belastung des Baurechts mit Grundpfandrechten die landwirtschaftliche Nutzung unberührt lässt (E. 3b und c). Für das nichtlandwirtschaftliche Abbaurecht besteht keine Belastungsgrenze (E. 3d).
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Sachverhalt | |
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Am 29. Januar 2001 meldete A. die Errichtung von 20 Inhaberobligationen mit Grundpfandverschreibung im Kapitalbetrag von je Fr. 100'000.- auf Grundstück Nr. x zur Eintragung im Grundbuch an. Mit Verfügung vom 5. Februar 2001 wies der zuständige Grundbuchverwalter diese Anmeldungen ab. Die bei der Justizkommission des Obergerichts des Kantons Luzern erhobene Beschwerde blieb ohne Erfolg. Gegen diesen Entscheid hat A. am 20. August 2001 Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht und verlangt im Wesentlichen die Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und weist das Grundbuchamt von B. an, auf dem Grundstück Nr. x im Grundbuch der Gemeinde C. im 1. Rang die 20 Inhaberobligationen mit Grundpfandverschreibung einzutragen.
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2. Gemäss Art. 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB; SR 211.412.11) gilt das Gesetz für einzelne oder zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe gehörende landwirtschaftliche Grundstücke, die ausserhalb einer Bauzone liegen und für welche die landwirtschaftliche Nutzung zulässig ist (örtlicher Geltungsbereich). Als landwirtschaftlich ![]() ![]() | |
a) Das BGBB knüpft in Art. 2 an den Grundstücksbegriff von Art. 655 ZGB an (vgl. auch Botschaft zum BGBB vom 19. Oktober 1988, BBl 1988 III 953 ff., insb. S. 980). Er umfasst daher in erster Linie Liegenschaften, mithin Teile der Bodenfläche, dann aber auch Miteigentumsanteile und selbstständige, dauernde Rechte (Art. 655 Abs. 2 ZGB; CHRISTOPH BANDLI, in: Das bäuerliche Bodenrecht, Kommentar zum BGBB, Brugg 1995, N. 4 zu Art. 2 BGBB; ders., Das BGBB - die Regelung des Geltungsbereichs, in: BlAR 26/1992 S. 66; EDUARD HOFER, Kommentar zum BGBB, N. 1 und 2 zu Art. 6 BGBB; YVES DONZALLAZ, Commentaire de la loi fédérale sur le nouveau droit foncier rural, N. 36 zu Art. 1 BGBB, S. 27 und N. 80 zu Art. 6 BGBB, S. 43).
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b) Das Abbaurecht belastet die gesamte Fläche der Stammparzelle. Diese liegt wie ausgeführt teils in der Landwirtschaftszone. Das Abbaurecht liegt deshalb wie die Stammparzelle im örtlichen Geltungsbereich des Gesetzes. Gemäss Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 BGBB muss das Abbaurecht aber zusätzlich als landwirtschaftliches Grundstück bezeichnet werden können, was bedeutet, dass das Abbaurecht für die landwirtschaftliche Nutzung oder den Gartenbau tatsächlich geeignet sein muss (YVES DONZALLAZ, a.a.O., N. 51 zu Art. 2 BGBB; EDUARD HOFER, a.a.O., N. 9 zu Art. 6 BGBB; CHRISTOPH BANDLI, Kommentar, Vorbemerkungen zu Art. 2-5 BGBB, N. 4). Diese Voraussetzung ist beim Abbaurecht in doppelter Weise nicht erfüllt. Einerseits betrifft das Abbaurecht von seinem Gegenstand her vorab Kies und Sand, also Materialien, die für die Landwirtschaft unproduktiv sind (EDUARD HOFER, a.a.O., N. 11 zu Art. 6 BGBB). Andererseits handelt es sich beim Abbau von Kies und Sand um eine nichtlandwirtschaftliche gewerbliche Tätigkeit, die mit der Landwirtschaft nur am Rande etwas zu tun hat, indem die landwirtschaftliche Nutzung während der Dauer des Abbaus verhindert wird. Dieser Umstand macht den Abbau aber nicht zu einer landwirtschaftlichen Tätigkeit. Das Grundstück Nr. x untersteht deshalb dem BGBB nicht.
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c) Die Vorinstanz vertritt unter Hinweis auf den Kommentar von EDUARD HOFER (a.a.O., N. 15 zu Art. 6 BGBB) die Auffassung, die nichtlandwirtschaftliche Nutzung werde erst mit der Bewilligung des Abbaus von Bodenschätzen vorübergehend zugelassen. Grundsätzlich dem Gesetz unterstellte Grundstücke würden ausschliesslich während der Zeit des bewilligten Abbaus dem Anwendungsbereich des Gesetzes entzogen (vgl. dazu auch CHRISTOPH BANDLI, Das BGBB - die Regelung des Geltungsbereichs, in: BlAR 26/1992 S. 70). Dies trifft zu, sofern es sich beim fraglichen Grundstück um eine landwirtschaftliche Liegenschaft handelt, welche abbaubare ![]() ![]() | |
d) Das Abbaurecht weist im Übrigen auch keinen landwirtschaftlichen Ertragswert auf. Dieser Wert lässt sich aus der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung verzinsen (EDUARD HOFER, a.a.O., Vorbemerkungen zu Art. 6-10 BGBB, N. 2). Demgegenüber lässt sich der Ertragswert des Abbaurechts aus den Erträgen aus dem Sand- oder Kiesabbau errechnen. Wenn in der Lehre daher die Meinung vertreten wird, bei Grundstücken, die mit einem selbstständigen und dauernden Recht belastet sind, müsse die Belastungsgrenze auf die Liegenschaft und das Recht aufgeteilt werden (CLAUDE CONVERS, La charge maximale dans le nouveau droit foncier rural, in: Le nouveau droit foncier rural, Journée juridique à l'intention des notaires, Fribourg 1993, S. 4; YVES DONZALLAZ, a.a.O., N. 664 zu Art. 73 und 74 BGBB, S. 187), trifft dies in allgemeiner Weise nicht zu. Vielmehr gilt für die landwirtschaftliche Liegenschaft die Belastungsgrenze gemäss Art. 73 BGBB, d.h. die Grenze entspricht dem um 35 Prozent erhöhten landwirtschaftlichen Ertragswert, wobei allenfalls der vorübergehenden Beeinträchtigung des Ertrags durch den Kiesabbau Rechnung getragen werden kann. Demgegenüber besteht für das nichtlandwirtschaftliche Abbaurecht - wie ausgeführt - keine Belastungsgrenze. ![]() |