1. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Amt für Inneres, Abteilung Migration des Kantons Appenzell Ausserrhoden und Departement Inneres und Sichercheit des Kantons Appenzell Ausserrhoden (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) | |
2C_60/2022 vom 27. Dezember 2022 | |
Regeste | |
Art. 43 Abs. 1 lit. c und e, Art. 44 Abs. 1 lit. c und e, Art. 63 Abs. 1 lit. c AIG; Rechtmässigkeit des Widerrufs einer Niederlassungsbewilligung, wenn Ergänzungsleistungen zur AHV/IV bezogen werden.
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Sachverhalt | |
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B. Mit Verfügung vom 8. April 2020 widerrief die Abteilung Migration des Kantons Appenzell Ausserrhoden (Abteilung Migration) die Niederlassungsbewilligung von A. und ordnete seine Wegweisung aus der Schweiz an. Letzterer war zuvor nicht ausländerrechtlich verwarnt worden. Die gegen die genannte Verfügung erhobenen Rechtsmittel wurden abgewiesen (Rekursentscheid des Departements Inneres und Sicherheit des Kantons Appenzell Ausserrhoden vom 19. August 2020; Urteil des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden, 4. Abteilung, vom 25. November 2021).
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 17. Januar 2022 beantragt A. (Beschwerdeführer) dem Bundesgericht die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils. Vom Widerruf der Niederlassungsbewilligung sei abzusehen (...).
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(...)
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, hebt das vorinstanzliche Urteil auf und ordnet die Aufrechterhaltung der Niederlassungsbewilligung an.
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(Auszug)
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Erwägung 4 | |
4.2 Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 63 Abs. 1 lit. c AIG. Er macht geltend, der Bezug von Ergänzungsleistungen stelle keinen Widerrufsgrund dar. Bereits zum Zeitpunkt des Widerrufs am 8. April 2020 habe festgestanden, dass er ab März (recte: ![]() ![]() | |
4.5 Gemäss gefestigter bundesgerichtlicher Rechtsprechung fallen Ergänzungsleistungen zur AHV/IV nicht unter den Begriff der Sozialhilfe. An diesem vom Gesetzgeber bereits unter dem ANAG (Bundesgesetz vom 26. Mai 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer) getroffenen Entscheid wurde auch im Rahmen des AuG respektive des AIG festgehalten (vgl. dazu ausführlich Urteil 2C_448/2007 vom 20. Februar 2008 E. 3.4 f. betreffend ANAG und AuG; BGE 141 II 401 E. 5.1, in: Pra 2016 Nr. 59 S. 563 ff.; BGE 135 II 265 E. 3.7; statt vieler Urteile 2C_309/2021 vom 5. Oktober 2021 E. 5.1; 2C_562/2016 vom 14. Dezember 2016 E. 2.1). Der ![]() ![]() | |
Der Gesetzgeber hat zwar das vorgenannte Urteil 2C_448/2007 vom 20. Februar 2008 zum Anlass genommen, den aktuellen oder drohenden Bezug von Ergänzungsleistungen mit Geltung ab 1. Januar 2019 als zusätzlichen Hinderungsgrund für den Familiennachzug einzuführen (vgl. Art. 43 Abs. 1 lit. e sowie Art. 44 Abs. 1 lit. e AIG; AS 2017 6521, AS 2018 3171). Ebenso steht der Bezug von Ergänzungsleistungen einem Aufenthalt ohne Erwerbstätigkeit gemäss Art. 24 Abs. 1 Anhang I FZA (SR 0.142.112.681) entgegen (BGE 135 II 265 E. 3.7; Urteile 2C_168/2021 vom 23. November 2021 E. 4.3.3; 2C_914/2020 vom 11. März 2021 E. 5.10). Ausserdem wurde auf den gleichen Zeitpunkt Art. 63 Abs. 2 AuG (wonach die Niederlassungsbewilligung von ausländischen Personen, welche sich seit mehr als 15 Jahren in der Schweiz aufhalten, nicht wegen dauerhafter und erheblicher Sozialhilfeabhängigkeit widerrufen werden kann), gestrichen (vgl. AS 2007 5437 ff., 5455 f., AS 2017 6521, AS 2018 3171). Der Gesetzgeber hat jedoch, wie sich aus der entsprechenden bundesrätlichen Botschaft ergibt, gerade keinen Widerrufsgrund des Bezugs von Ergänzungsleistungen zur AHV/IV eingeführt, sondern den (möglichen) Bezug von bundesrechtlichen Ergänzungsleistungen (lediglich) beim Familiennachzug sanktioniert (vgl. oben). Es ging ausdrücklich darum, auch bei ausländischen Personen mit langjähriger Anwesenheit den Widerruf der Niederlassungsbewilligung wegen (dauerhafter und erheblicher) Sozialhilfeabhängigkeit zu ermöglichen bzw. diesbezüglich mehr Handlungsspielraum für die Behörden zu schaffen. Dieser Handlungsspielraum wurde jedoch gerade nicht auf den (möglichen) Bezug von Ergänzungsleistungen ausgedehnt (vgl. Zusatzbotschaft vom 4. März 2016 zur Änderung des Ausländergesetzes [Integration], BBl 2016 2821 ff., 2827 ff., 2837, 2840 ff.; Umsetzung der parlamentarischen ![]() ![]() | |
Der Bezug von Ergänzungsleistungen stellt somit keinen Widerrufsgrund im Sinne von Art. 63 Abs. 1 lit. c AIG dar (vgl. BGE 141 II 401 E. 6.2.3; BGE 135 II 265 E. 3.7; Urteile 2C_158/2021 vom 3. Dezember 2021 E. 6.2.2; 2C_98/2018 vom 7. November 2018 E. 4.4; 2C_1018/ 2016 vom 22. Mai 2017 E. 3.1; 2C_562/2016 vom 14. Dezember 2016 E. 2.1).
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4.7 Vorliegend verhält es sich jedoch anders: Zum Zeitpunkt des vorinstanzlichen Urteils, welches vor Bundesgericht Anfechtungsgegenstand bildet (sog. Devolutiveffekt, vgl. BGE 139 II 404 E. 2.5; BGE 136 II 539 E. 1.2) und auf dessen Sachverhalt abgestellt wird (Art. 105 Abs. 1 BGG), bezog der Beschwerdeführer keine Sozialhilfe mehr, sondern seit rund acht Monaten bereits eine AHV-Rente mit Ergänzungsleistungen. Der Widerrufsgrund der Sozialhilfeabhängigkeit im Sinne von Art. 63 Abs. 1 lit. c AIG bestand demnach zum Zeitpunkt des angefochtenen Urteils nicht mehr. Entgegen der Vorinstanz stellt die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung, auch das Urteil 2C_83/2018 vom 1. Februar 2019, darauf ab, dass im Zeitpunkt ![]() ![]() | |