19. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Stadt Zürich gegen Pensionskasse A. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) | |
2C_380/2021 vom 28. Februar 2022 | |
Regeste | |
Art. 24 Abs. 3 StHG; Art. 80 Abs. 4 BVG; Aufschub der Grundstückgewinnsteuer bei Übertragung des Immobilienbestands einer Pensionskasse auf eine Anlagestiftung im Austausch gegen Beteiligungsrechte am Immobilienportfolio dieser Anlagestiftung ("Immobilien Asset Swap").
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Sachverhalt | |
A.a Die Pensionskasse A. ist eine Stiftung mit Sitz in U. Sie bezweckt die Durchführung der beruflichen Vorsorge für die Arbeitnehmer der B. AG und der mit dieser verbundenen Unternehmen. Im Register für die berufliche Vorsorge ist sie als Personalvorsorgestiftung eingetragen.
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A.b Die Zürich Anlagestiftung mit Sitz in Zürich bezweckt die kollektive Anlage und Verwaltung von ausschliesslich der Personalvorsorge dienendem Vermögen der 2. Säule und untersteht der Aufsicht des Bundesamts für Sozialversicherungen. Sie steht ausschliesslich steuerbefreiten Einrichtungen der beruflichen Vorsorge mit Sitz in der Schweiz offen. Entsprechend ist sie ebenfalls von der Gewinnsteuerpflicht befreit.
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A.c Mit öffentlich beurkundetem Vertrag vom 18. Januar 2012 übertrug die Pensionskasse A. fünf Liegenschaften in der Stadt Zürich an die Zürich Anlagestiftung.
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Die Entschädigung für sämtliche Verkaufsobjekte wurde entsprechend den von der Firma H. AG geschätzten Verkehrswerten festgesetzt und belief sich auf insgesamt Fr. 18'351'000.-. Der Betrag wurde von der übernehmenden Stiftung durch Ausgabe von nennwertlosen und unentziehbaren Ansprüchen (Buchforderung) an der Anlagegruppe "I." abgegolten.
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Der Vertrag vom 18. Januar 2012 hatte eine Vielzahl weiterer Liegenschaften in anderen Kantonen zum Gegenstand; der geschätzte Verkehrswert aller Liegenschaften belief sich auf Fr. 48'621'000.-. Die Steuerverwaltungen der Kantone Bern, Thurgau, Freiburg und St. Gallen hatten in Steuerrulings dem Aufschub der Besteuerung des Grundstückgewinns zugestimmt.
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B. Mit Veranlagungsbeschluss vom 1. März 2016 lehnte das Steueramt der Stadt Zürich (nachfolgend: das kommunale Steueramt) einen Aufschub der Besteuerung ab und setzte die Grundstückgewinnsteuer auf Fr. 1'126'448.- fest. Mit Beschluss vom 22. August 2019 wies das kommunale Steueramt eine von der Pensionskasse A. dagegen erhobene Einsprache ab.
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Daraufhin gelangte die Pensionskasse A. an das Steuerrekursgericht des Kantons Zürich, welches den Rekurs mit Entscheid vom 27. Oktober 2020 guthiess und die Grundstückgewinnsteuer aufschob. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich bestätigte diesen Entscheid mit Urteil vom 10. März 2021. ![]() | |
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Die Pensionskasse A. schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Verwaltungsgericht beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Steueramt des Kantons Zürich stellt den Antrag, die Beschwerde sei gutzuheissen.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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(Zusammenfassung)
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Erwägung 3 | |
3.2 Transaktionen wie die vorliegende (vgl. E. 3.1 hiervor) werden in der Doktrin auch als "Immobilien Asset Swap" bezeichnet (vgl. BAUER-BALMELLI/HARBEKE, Immobilien Asset Swap und Ersatzbeschaffung, Steuerneutrale Restrukturierung eines Immobilienbetriebs, Der Schweizer Treuhänder 2011 S. 490 ff., S. 490 f.; CHRISTOPH OLIVER SCHMID, in: Umstrukturierungen, Zweifel/Beusch/Riedweg/ ![]() ![]() | |
Erwägung 4 | |
4.1 Nach Art. 12 Abs. 4 lit. a StHG müssen Kantone, die im Bereich der Grundstückgewinnsteuern - wie der Kanton Zürich - dem monistischen System folgen, gewährleisten, dass die in den Artikeln 8 Abs. 3 und 24 Abs. 3 und 3quater StHG genannten Tatbestände als steueraufschiebende Veräusserungen behandelt werden. Demnach haben die Kantone bei Immobilientransaktionen im Zusammenhang mit Umstrukturierungen oder bei Vermögensübertragungen im Konzern einen Steueraufschub zu gewähren. Der ![]() ![]() | |
5. Als Anknüpfungspunkte für einen möglichen Aufschub der Grundstückgewinnsteuern kommen nach dem oben Ausgeführten (vgl. E. 4.1 und 4.2 hiervor) verschiedene Bestimmungen in ![]() ![]() | |
5.3 Anders als das StHG und das StG/ZH (vgl. E. 5.2 hiervor) erfuhr Art. 80 Abs. 4 BVG im Zuge der Inkraftsetzung des FusG keine Änderung. Insbesondere wurde darauf verzichtet, den Artikel an die neue Terminologie des FusG bzw. des StHG anzupassen. Im Vernehmlassungsverfahren zum FusG wurde derweil die Befürchtung geäussert, dass die (vorläufige) Befreiung der Einrichtungen der Personalvorsorge von der Grundstückgewinnsteuer im Falle der Spaltung einer Vorsorgeeinrichtung an der sog. Betriebsklausel (vgl. Art. 24 Abs. 3 lit. b StHG) scheitern könnte. Darauf entgegnete der Bundesrat in der Botschaft zum FusG, dass irrelevant sei, ob Personalfürsorgeeinrichtungen generell als "Betriebe" im steuerrechtlichen Sinn qualifiziert werden könnten, denn die Steuerneutralität der Spaltung ergebe sich direkt aus Art. 80 Abs. 4 BVG, ![]() ![]() | |
6.1 Die Vorinstanz bejahte das Vorliegen einer "Aufteilung". Sie begründete dies damit, dass die Vermögensverwaltung wesentlicher Bestandteil der Geschäftstätigkeit jeder Vorsorgeeinrichtung sei. Gemäss Art. 71 Abs. 1 BVG hätten Vorsorgeeinrichtungen dabei ![]() ![]() | |
6.3 Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der massgeblichen Norm. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Interpretationen möglich, so muss nach der wahren Tragweite der Bestimmung gesucht werden, wobei alle Auslegungselemente zu berücksichtigen sind (Methodenpluralismus). Dabei kommt es namentlich auf den Zweck der Regelung, die dem Text zugrunde liegenden Wertungen sowie auf den Sinnzusammenhang an, in dem ![]() ![]() | |
Erwägung 6.4 | |
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6.4.3 Aufgrund der Materialien lässt sich nicht ohne Weiteres rekonstruieren, welche konkreten Konstellationen der Gesetzgeber unter den Begriff der "Aufteilungen" subsumieren wollte. Der Normzweck von Art. 80 Abs. 4 Satz 2 BVG lässt jedoch den Schluss zu, dass eine "Aufteilung" im Sinne von Art. 80 Abs. 4 Satz 2 BVG nicht an eine bestimmte Umstrukturierungsform gebunden ist und sich auch nicht zwingend im Rahmen einer Teil- bzw. Vollliquidation abspielen muss; insoweit deckt sich die Konzeption des BVG mit derjenigen des FusG (vgl. auch Botschaft FusG, a.a.O., 4369 und 4371). Entscheidend ist jedoch, dass der Immobilienbestand dem bisherigen Vorsorgezweck verhaftet bleibt. Davon kann nur ausgegangen werden, wenn der konkret in Frage stehende Immobilienbestand auch nach der "Aufteilung" der Vorsorgeeinrichtung weiterhin (auch) den in der betreffenden Einrichtung angeschlossenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern dient. Kein Anwendungsfall von Art. 80 Abs. 4 BVG liegt damit vor, wenn eine Pensionskasse ihren Immobilienbestand an eine andere Pensionskasse verkauft (vgl. analog mit Blick auf die fusionsrechtlichen Umstrukturierungstatbestände BGE 138 II 557 E. 6.4); die betreffenden Liegenschaften dienen dann zwar weiterhin einem ![]() ![]() | |
6.4.5.1 Festzustellen ist im Ausgangspunkt, dass die Beschwerdegegnerin mit der hier interessierenden Transaktion ihren gesamten Immobilienbestand übertragen und nicht eine blosse Ersatzbeschaffung vorgenommen hat. Sie hält die streitbetroffenen Immobilien seit der Übertragung auf die Zürich Anlagestiftung nicht mehr direkt, sondern nur noch indirekt, indem sie über Ansprüche an der Anlagegruppe "I." der Zürich Anlagestiftung verfügt; an der betreffenden Anlagegruppe der Zürich Anlagestiftung sind neben der Beschwerdegegnerin überdies noch weitere Vorsorgeeinrichtungen berechtigt. Gemäss den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz bezweckt die Zürich Anlagestiftung die kollektive Anlage und Verwaltung von ausschliesslich der Personalvorsorge dienendem Vermögen (vgl. auch Sachverhalt Bst. A.b). Auch wenn die streitbetroffenen Liegenschaften nicht mehr allein der beruflichen Vorsorge der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Unternehmen A. dienen, sondern auch derjenigen von Arbeitnehmerinnen und ![]() ![]() | |
6.4.5.2 Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bei der Beschwerdegegnerin angeschlossen sind, profitieren von der vorliegend interessierenden "Umstrukturierung" insofern, als sie (indirekt) an den Erträgen weiterer Liegenschaften beteiligt werden, die von anderen Vorsorgeeinrichtungen in die Zürich Anlagestiftung eingebracht worden sind. Durch die breitere Streuung ist für sie das Anlagerisiko erheblich vermindert (vgl. in diesem Zusammenhang insbesondere die Vorschrift von Art. 54b Abs. 1 der Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge [BVV 2; SR 831.441.1], wonach sich Anlagen in Immobilien bezogen auf das Gesamtvermögen höchstens auf 5 Prozent pro Immobilie belaufen dürfen); zudem besteht die Aussicht, dass sich aufgrund des bei der Zürich Anlagestiftung zusammengefassten Immobilienbestands Skalierungseffekte ergeben, durch die sich der auf dem Vorsorgevermögen anfallende Verwaltungsaufwand vermindern lässt. Insofern kann gesagt werden, dass der Entscheid des Stiftungsrats der Beschwerdegegnerin, die streitbetroffenen Grundstücke in die Zürich Anlagestiftung einzubringen, den Anlagegrundsätzen der angemessenen Risikoverteilung, der Sicherheit und des genügenden Ertrags entspricht (Art. 71 Abs. 1 BVG; vgl. auch Art. 50 Abs. 2 und 3 BVV 2). Es würde dem gesetzgeberischen Zweckgedanken (vgl. E. 6.4.2 hiervor) zuwiderlaufen, Transaktionen von der Art der vorliegenden mit Grundstückgewinnsteuern zu belasten (so auch MAUTE/STEINER/RUFENER/LANG, a.a.O., S. 137; OLIVIER MARGRAF, Steuerfolgen im Zusammenhang mit der Übertragung von Liegenschaften zwischen [steuerbefreiten] Vorsorgeeinrichtungen, StR 66/2011 S. 748 ff., S. 750; LUDWIG/TAROLLI SCHMIDT, in: Zürcher Kommentar zum FusG, Frank Vischer [Hrsg.], 2. Aufl. 2012, Anhang: Steuern / Fusion, Umwandlung und Vermögensübertragung von Vorsorgeeinrichtungen, Rz. 1 Fn. 2; Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats Kaufmann [03.3175] vom 21. März 2003, März 2006, S. 12 f.). ![]() | |
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