12. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung gegen e-mediat AG, Galexis AG und Unione Farmaceutica Distribuzione SA (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) | |
2C_148/2018 vom 8. Dezember 2021 | |
Regeste | |
Art. 1, 2 und 5 VStrR; Art. 25 und 26 StGB; Art. 2, 4 Abs. 1, Art. 5, 30 Abs. 1, Art. 49a Abs. 1, Art. 50, 54 f., 57 KG.
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Das KG kennt das Wort "Gehilfe" bzw. "Gehilfenschaft" nicht. Zwei Konstellationen sind im vorliegenden Fall denkbar: erstens über den Hinweis im KG auf das VStrR, wenn einem vorgängig erlassenen Entscheid zuwider gehandelt wurde; zweitens, wenn sich ein Unternehmen an einer unzulässigen Abrede nach Art. 5 Abs. 4 KG beteiligt hat (E. 3.3). Subsumtion (E. 3.4).
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Sachverhalt | |
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B. Am 10. Mai 2005 eröffnete das Sekretariat der Wettbewerbskommission (im Folgenden: Sekretariat) eine Vorabklärung, da Eli Lilly, Bayer und Pfizer zu Cialis, Levitra und Viagra unverbindliche Preisempfehlungen an Grossisten und Verkaufsstellen abgaben bzw. über eine Datenbankbetreiberin an diese weiterleiten liessen. Am 26. Juni 2006 eröffnete das Sekretariat sodann gestützt auf Art. 27 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG; SR 251) eine Untersuchung gegen "die Pfizer AG, die Eli Lilly SA, die Bayer AG, die Grossistinnen Galexis AG, Voigt AG, Unione Farmaceutica Distribuzione SA, Amedis-UE AG, die Apothekerinnen und Apotheker, ![]() ![]() | |
"1. Es wird festgestellt, dass das Veröffentlichen und das Befolgen von Publikumspreisempfehlungen für Cialis, Levitra und Viagra in der bisherigen Form und im bisherigen Umfang eine unzulässige Wettbewerbsabrede im Sinne von Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 4 KG darstellt.
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2. Den Herstellern Pfizer, Eli Lilly und Bayer wird verboten, die Publikumspreisempfehlungen für Cialis, Levitra und Viagra weiterhin zu veröffentlichen.
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3. Die Grossisten Galexis, Unione Farmaceutica Distribuzione, Voigt und Amedis-UE und e-mediat dürfen bezüglich dieser Publikumspreisempfehlungen keine Gehilfenhandlungen (z.B. Weiterleiten, Aufbereiten, Publizieren von Preisempfehlungen etc.) mehr vornehmen.
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4. Die Hersteller Pfizer, Bayer und Eli Lilly werden für das unter Ziff. 1 dieses Dispositivs genannte Verhalten für den Zeitraum vom 1. April 2004 bis 31. Dezember 2008 gestützt auf Art. 49a Abs. 1 KG mit folgenden Beträgen belastet: [...]
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5. Im Übrigen wird die Untersuchung eingestellt.
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6. Zuwiderhandlungen gegen diese Verfügung können mit Sanktionen gemäss Art. 50 bzw. 54 KG belegt werden.
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7. Die Verfahrenskosten von insgesamt CHF 692'118.-- Franken werden den drei Pharmaunternehmen Pfizer AG, Eli Lilly SA und Bayer (Schweiz) AG jeweils zu einem Sechstel, d.h. je CHF 115'353.-- Franken, und unter solidarischer Haftung auferlegt.
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8. [Rechtsmittelbelehrung].
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9. [Eröffnung].
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10. Eröffnung durch amtliche Publikation]."
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(...)
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D. Das Bundesverwaltungsgericht hiess am 19. Dezember 2017 erneut die Beschwerde gut, soweit darauf einzutreten war, und hob die Ziffer 3 des Dispositivs der angefochtenen Verfügung auf.
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E. Am 12. Februar 2018 hat das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben und u.a. beantragt, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Dezember 2017 (B-845/2015) aufzuheben und die Entscheidung der WEKO vom 2. November 2009 zu bestätigen, eventuell das ![]() ![]() | |
F. Die Beschwerdegegnerinnen beantragen die Abweisung der Beschwerde und die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils, worauf der Beschwerdeführer repliziert und darauf die Beschwerdegegnerinnen wiederum duplizieren. Die Vorinstanz und die WEKO verzichten sowohl auf eine Vernehmlassung als auch auf einen Antrag.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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(Auszug)
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Im vorliegenden Verfahren stellt sich die Frage, ob die Beschwerdegegnerinnen als Gehilfinnen der oder einer der Abredeparteien an der Abrede mitgewirkt haben und gegen sie Massnahmen erlassen bzw. allenfalls dafür sanktioniert werden können. Mit der Verfügung vom 2. November 2009 hielt die WEKO in Ziff. 3 des Dispositivs fest, dass die Beschwerdegegnerinnen "bezüglich dieser Publikumspreisempfehlungen keine Gehilfenhandlungen [...] mehr vornehmen [dürfen]". Begründet wurde dies mit einem Hinweis auf Art. 1, 2 und 5 VStrR (SR 313.0) und Art. 25 und 26 StGB. In den Erwägungen führte die WEKO aus, dass die Beschwerdegegnerinnen Gehilfinnen, aber mangels genügend schwerem Tatbeitrag nicht nach Art. 49a Abs. 1 KG zu sanktionieren seien. In der Replik hat der Beschwerdeführer Art. 30 Abs. 1 KG als rechtliche Grundlage für die verfügten Massnahmen erwähnt.
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Erwägung 3 | |
3.1 Das Kartellgesetz bezweckt, volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen von Kartellen und anderen Wettbewerbsbeschränkungen ![]() ![]() | |
Erwägung 3.3 | |
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Auch wenn die Massnahme nach Art. 49a Abs. 1 KG strafrechtsähnlich ist und damit gewisse strafrechtliche Grundsätze anwendbar sind (vgl. BGE 146 II 217 E. 8.2, E. 8.5; Urteil 2C_845/2018 vom 3. August 2020 E. 4.1.3), bleibt das kartellrechtliche Verfahren ein Verwaltungsverfahren (BGE 145 II 259 E. 2.6.2; BGE 144 II 194 E. 4.4.2; BGE 142 II 268 E. 4.2.5.2). Die Anwendbarkeit der strafrechtsähnlichen Grundsätze stützen sich direkt auf die EMRK und nicht auf das Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht. Art. 5 VStrR ist deshalb nicht anwendbar. Das Gleiche würde auch für Art. 333 Abs. 1 StGB gelten, wobei in diesem Fall Art. 105 Abs. 2 StGB die Gehilfenschaft ohnehin nur in den vom Gesetz ausdrücklich bestimmten Fällen bestraft, was bei Art. 49a Abs. 1 KG nicht zutrifft.
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Erwägung 3.4 | |
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