12. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung i.S. G. gegen Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
5A.23/2001 vom 11. Februar 2002 | |
Regeste | |
Erleichterte Einbürgerung und Widerruf derselben (Art. 27 und 41 BüG).
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Das blosse Fehlen der Einbürgerungsvoraussetzungen genügt nicht für eine Nichtigerklärung der Einbürgerung; letztere muss vielmehr "erschlichen", d.h. mit einem unlauteren und täuschenden Verhalten erwirkt worden sein. Nichtigkeit bejaht (E. 4).
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Sachverhalt | |
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Am 20. September 1995 stellte G. ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung. Gemeinsam mit B. unterzeichnete er am 26. November 1996 eine Erklärung, wonach sie beide in einer tatsächlichen, stabilen, ungetrennten ehelichen Gemeinschaft leben. Sie nahmen ferner zur Kenntnis, dass die erleichterte Einbürgerung nicht möglich sei, wenn keine tatsächliche eheliche Gemeinschaft mehr bestehe, und dass andernfalls die erleichterte Einbürgerung nachträglich nichtig erklärt werden könne. Am 11. Dezember 1996 erhielt G. durch erleichterte Einbürgerung das Schweizer Bürgerrecht. Im Frühjahr 1997 beantragte er den Familiennachzug für sechs seiner acht Kinder aus erster Ehe, welcher am 21. November 1997 bewilligt wurde.
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B. leitete am 27. November 1997 beim Friedensrichter das Ehescheidungsverfahren ein. Am 4. Februar 1998 wurde die Ehe geschieden. In der Folge wurde G. fürsorgeabhängig. Am 8. Mai 1998 verheiratete er sich in der Türkei erneut mit seiner ersten Ehefrau, für welche er ebenfalls die Einreise in die Schweiz beantragte.
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B.- Am 9. April 1999 eröffnete das Bundesamt für Ausländerfragen (BFA) ein Verfahren betreffend Nichtigerklärung der Einbürgerung von G. Am 29. Juli 1999 erteilte das Departement des Innern des Kantons Aargau die Zustimmung zur Nichtigerklärung. Nach Durchführung eines Schriftenwechsels erklärte das BFA mit Verfügung vom 30. April 2001 die erleichterte Einbürgerung als nichtig. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) am 23. Oktober 2001 ab.
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C.- Mit Eingabe vom 23. November 2001 hat G. gegen den Entscheid des EJPD Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben, im Wesentlichen mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sowie die Verfügung des BFA seien aufzuheben. Das Bundesgericht weist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab.
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3. a) Nach Art. 27 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 29. September 1952 über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts (in ![]() ![]() | |
b) Im Zeitpunkt der Erklärung vom 26. November 1996 und der Einbürgerungsverfügung vom 11. Dezember 1996 war der Beschwerdeführer noch mit B. verheiratet und sie wohnten in der gleichen Wohnung. Dies ergibt sich aus ihren Erklärungen sowie den Schreiben der Nachbarn. Die damalige Ehefrau leitete das Ehescheidungsverfahren knapp ein Jahr später am 27. November 1997 ein. Das EJPD vertritt im angefochtenen Entscheid die Auffassung, bei den beiden habe bereits im Jahre 1996 der Wille gefehlt, die eheliche Gemeinschaft aufrecht zu erhalten. Der Beschwerdeführer macht demgegenüber geltend, der Scheidungswille sei bei der Ehefrau erst nach der Einbürgerungsverfügung im Zeitpunkt ![]() ![]() | |
Für ihren Schluss haben die Vorinstanzen die Scheidungsakten beigezogen. Dem Protokoll des Instruktionsrichters lässt sich Folgendes entnehmen: B. antwortete auf die Frage, weshalb sie geheiratet habe, sie habe sich lange gegen diese Heirat gewehrt, aber ihr Mann habe sie immer wieder gedrängt, und so sei sie halt in das Ganze hineingeraten. Er sei vorher Asylbewerber gewesen, vielleicht hätte er ohne Heirat ausreisen müssen. Auf die Frage, ob es richtig sei, dass sie bei der Heirat mitgemacht habe, damit er in der Schweiz bleiben könne, erwiderte sie, das müsse sie heute wohl zugeben. Der Beschwerdeführer seinerseits tat sich schwer mit der Frage, weshalb er B. geheiratet habe. Er vertrat die Meinung, dies sei einfach eine normale Heirat gewesen, und er sehe in der Erkundigung nach dem Grund derselben keinen Sinn. B. führte zur Ehe aus, diese sei zwei Jahre lang gut gegangen, im dritten Jahr, also 1995 hätten die Probleme begonnen und danach habe die Ehe nicht mehr funktioniert. Auf die Frage, ob die Ehe gerade so lange gedauert habe, bis ihr Mann den Schweizer Pass habe erhalten können, antwortete sie, jedenfalls habe er diesen jetzt. Bezüglich der Eheschwierigkeiten entgegnete B., sie verstünden sich einfach nicht mehr. Hinzu komme, dass vor kurzer Zeit die sechs Kinder ihres Mannes in die Schweiz gekommen seien, welcher Belastung sie nicht mehr gewachsen sei. Mit diesen Aussagen stehen die Schreiben von B. nicht im Widerspruch. Sie betonte schriftlich immer wieder, sie habe mit dem Beschwerdeführer keine Scheinehe geführt, die Ehe sei im Anfangsstadium durchaus normal gewesen und wenn sie schliesslich die Scheidung beantragt habe, dann vorab, weil sie die sechs Kinder im Haushalt nicht ertragen habe.
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Gestützt auf diese Aussagen und andern Beweismittel durfte die Vorinstanz annehmen, die Ehe sei insbesondere seitens des Beschwerdeführers von Anfang an vorab wegen des Bleiberechts abgeschlossen worden und es habe bereits im Jahre 1996, also im Zeitpunkt der unterschriftlichen Erklärung der Eheleute, der massgebliche Wille zur Aufrechterhaltung der ehelichen Gemeinschaft gefehlt. Ebenso wenig ist die Schlussfolgerung zu beanstanden, der Beschwerdeführer sei im Jahre 1996 nicht dem Wohl und dem Fortbestand der Ehe verpflichtet gewesen, sondern habe seine Einbürgerung verfolgt. Zwar hat möglicherweise der Nachzug der sechs unmündigen Kinder den äusseren Anlass gegeben, dass B. das ![]() ![]() | |
b) Vorliegend ergibt sich aus den Scheidungsakten und den gesamten Umständen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nichtigerklärung erfüllt sind. Das planmässige Vorgehen des Beschwerdeführers, das Irreführen der Behörden und möglicherweise auch seiner geschiedenen Frau sind durch die Scheidungsakten und insbesondere durch den Ereignisablauf belegt. Nachdem der Beschwerdeführer in die Schweiz eingereist war, stellte er ein Asylgesuch. Kurz vor dessen absehbarer Ablehnung wurde die Scheidung von seiner türkischen Frau, mit welcher er acht Kinder gezeugt hatte, ausgesprochen, und nur zwei Monate später fand die überhastete Eheschliessung mit einer 34 Jahre älteren Schweizerin statt. Diese Verbindung, welche seitens des Beschwerdeführers bloss als fiktiv zu gelten hat (E. 3b hievor), wurde aufrecht erhalten, bis die formellen Voraussetzungen für die Einbürgerung gegeben waren. ![]() | |
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