43. Urteil der I. Zivilabteilung vom 5. Juli 1957 i.S. Brügger gegen Scheiwiler. | |
Regeste | |
Aktiengesellschaft.
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Die Vorschrift gilt auch im Verhältnis zwischen Gründern.
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Sachverhalt | |
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Auf Grund dieser Vereinbarungen kam ebenfalls am 7. Januar 1954 auch der Kaufvertrag über die Liegenschaft "Taube" zustande.
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In einer weiteren Vereinbarung vom selben Tage wurde endlich vorgesehen, dass einer der Gründer (Kobelt) dem Kläger zwei und Dr. Binder drei von ihm selbst zu liberierende Aktien fiduziarisch zu überlassen habe. Diese Aktien sollten Ende Mai 1954 Kobelt wieder zurückgegeben werden und damit der Kläger und Dr. Binder als Aktionäre ausscheiden.
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Am 11. Januar 1954 wurde die Immo AG. Neugasse gegründet. Ihre Statuten sahen wohl die Übernahme der drei Kaufverträge über die Liegenschaften Neugasse 12 und 14 und "Taube" wie auch eines Mietvertrages vor, den der Beklagte und Kobelt namens der zu gründenden AG. mit einem Interessenten abgeschlossen hatten. Die vom Beklagten mit dem Kläger und Dr. Binder getroffenen Vereinbarungen vom 7. Januar 1954 wurden dagegen weder in den Statuten, noch in der Gründungsurkunde, noch im Protokoll der im Anschluss an die Gründung abgehaltenen Universalversammlung erwähnt.
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Als im Juni 1954 die Immo AG. Neugasse mit dem Abbruch der Gebäude begann, verlangte der Kläger von ihr die Erfüllung der mit dem Beklagten getroffenen Vereinbarungen. Die Gesellschaft lehnte jedoch die Übernahme ![]() ![]() | |
B.- Mit Klage vom 7. Februar/23. Mai 1955 forderte der Kläger gestützt auf Art. 645 OR vom Beklagten Ersatz des ihm infolge der Nichtübertragung der Arbeiten entgangenen Gewinns; dieser beträgt, wie heute nicht mehr streitig ist, Fr. 15'763.50. Der Beklagte bestritt seine Ersatzpflicht.
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C.- Das Bezirrksgericht St. Gallen wies mit Urteil vom 25./29. November 1955 die Klage ab. Es nahm an, der Tatbestand des Art. 645 Abs. 1 OR sei zwar an sich gegeben; eine Ersatzpflicht des Beklagten entfalle jedoch, weil in den Vereinbarungen vom 7. Januar 1954 die Zusicherung eines Gründervorteils liege und den Kläger selber eine Mitverantwortung dafür treffe, dass dessen nach Art. 628 Abs. 3 OR erforderliche Erwähnung in den Statuten unterblieben sei.
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D.- Das Kantonsgericht St. Gallen verneinte das Vorliegen eines Gründervorteils, kam aber zum Schluss, dass selbst bei Bejahung dieser Frage die Haftung des Beklagten aus Art. 645 OR gegeben wäre. Demgemäss verpflichtete es den Beklagten mit Urteil vom 10. Januar 1957 zur Bezahlung des dem Kläger erwachsenen Schadens im Betrage von Fr. 15'763.50 nebst 5% Zins seit 23. Februar 1955.
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E.- Das Bundesgericht weist die Berufung des Beklagten gegen diesen Entscheid ab, im wesentlichen auf Grund folgender
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1. In erster Linie ist zu prüfen, ob - unabhängig von der Qualifizierung der Verpflichtung der AG. gegenüber dem Kläger als Gründervorteil - die Voraussetzungen einer Haftung des Beklagten gemäss Art. 645 OR erfüllt sind. Trifft dies zu, so erübrigen sich nämlich Erörterungen darüber, ob die vom Beklagten mit dem Kläger abgeschlossenen ![]() ![]() | |
Art. 645 OR sieht somit zum Schutze dessen, der mit einer erst in Gründung befindlichen AG. in rechtsgeschäftliche Beziehung tritt, eine weitgezogene persönliche Haftung aller vor, die für die Gesellschaft irgendwie tätig geworden sind. Aus dem Zweckgedanken dieser Ordnung ergibt sich, dass sie auch im Verhältnis zwischen Gründern gelten muss. Schliesst ein Gründer mit einem anderen für die AG. ohne jeden Vorbehalt Verträge ab, die ihrem Inhalt nach weder mit dem Gründungsvorgang, noch mit dem Zweck der AG. notwendig zusammenhängen, sondern ebensogut mit einem Dritten eingegangen werden könnten, so hat der Handelnde gegenüber dem Mitgründer in gleicher Weise wie gegenüber einem aussenstehenden Vertragsgegner dafür einzustehen, dass die AG. die eingegangene ![]() ![]() | |
Für die Haftung des Beklagten spricht auch die Abwägung der Interessenlage der Prozessparteien. Der Anstoss zum Abschluss der streitigen Verträge ging vom Beklagten aus. Die Gesellschaft, deren Gründung er betrieb und für die er handelte, benötigte für die Ausführung ihres Bauvorhabens dringend die Liegenschaft "Taube". Diese war aber ohne die Hilfe des Klägers (und ![]() ![]() | |
Dieses Ergebnis widerspricht entgegen der Auffassung des Beklagten nicht Treu und Glauben. Gemäss verbindlicher Feststellung der Vorinstanz ist der Kläger lediglich fiduziarisch und formell, ohne eigenes Interesse an der AG. und mit zum voraus beschränkter Dauer als Gründer und Aktionär in Erscheinung getreten. Es wurden ihm fiduziarisch zwei Aktien anvertraut, die durch einen andern Aktionär zu liberieren waren und die er diesem Ende Mai 1954, also ca. 4 1/2 Monate nach der Gesellschaftsgründung, wieder herauszugeben hatte, womit er als Aktionär ausschied.
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Bei dieser Sachlage kann keine Rede davon sein, dass der Kläger gemäss der Auffassung des Beklagten durch sein Stillschweigen anlässlich der Gründung der AG. seine Rechte verscherzt und deshalb den erlittenen Schaden nach den besonderen Umständen des Falles selber zu tragen habe. Die geschilderten Umstände bestätigen im Gegenteil, dass es dem Beklagten oblag, für die Erfüllung der dem Kläger gemachten Zusicherungen durch die AG. besorgt zu sein. Es müsste, wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, gegenteils als unerträglich empfunden werden, wenn der Beklagte und die Immo AG. Neugasse dank der Mitwirkung des Klägers ihren Zweck erreichen konnten, der Kläger selber aber leer ausgehen würde. ![]() |