22. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen Elektrizitäts Aktiengesellschaft Basel (EAGB) und Bau- departement sowie Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt (staatsrechtliche Beschwerde) | |
2P.11/2004 vom 13. Juli 2004 | |
Regeste | |
Art. 9 und 29 BV, Art. 9 Abs. 3 BGBM, Submissionsgesetz des Kantons Basel-Stadt. Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Zuschlagsentscheides. Beitritt zu einem Gesamtarbeitsvertrag als Zulassungsvoraussetzung zu einem Vergabeverfahren? Nachweis der Gleichwertigkeit verschiedener Gesamtarbeitsverträge.
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Das Submissionsgesetz des Kantons Basel-Stadt verlangt, dass ein Auftrag "in der Regel" nur an einen Anbieter erteilt werden darf, der als Arbeitgeber an einem Gesamtarbeitsvertrag beteiligt ist. Das Binnenmarktgesetz schliesst solche Regelungen nicht aus (E. 2).
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Der Nachweis der Gleichwertigkeit verschiedener Gesamtarbeitsverträge obliegt gemäss Submissionsgesetz dem Anbieter. Dies ändert nichts an der Pflicht der Submissionsbehörde, den Gegenstand des geforderten Nachweises nötigenfalls zu bestimmen und dem Anbieter ordnungsgemäss Gelegenheit zu geben, die Gleichwertigkeit der Gesamtarbeitsverträge darzutun. Diskriminierende Handhabung des verwendeten Kriteriums im konkreten Fall (E. 3-5).
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Sachverhalt | |
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Unter den insgesamt neun eingegangenen Angeboten erwies sich dasjenige der X. AG mit Fr. 189'916.90 als das günstigste. Die Unternehmung hatte ihrer Offerte eine Bestätigung beigelegt, wonach sie dem Gesamtarbeitsvertrag der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (im Folgenden: Swissmem-GAV) unterworfen sei.
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Mit Fax vom 3. September 2003 teilte das Submissionsbüro des Baudepartements der X. AG mit, die Durchsicht der Angebotsunterlagen habe ergeben, "dass der erforderliche Nachweis der Einhaltung von § 5 f." des Beschaffungsgesetzes fehle. Massgebend sei gemäss Auskunft des Ständigen staatlichen Einigungsamtes der Gesamtarbeitsvertrag der Schweizerischen Elektro- und Telekommunikations-Installationsbranche (im Folgenden: SETI-GAV). Die X. AG werde gebeten, "diesen Nachweis" bis spätestens Freitag, 5. September 2003, 16.00 Uhr, an das Baudepartement nachzuliefern. ![]() | |
Mit Verfügung vom 15. September 2003 teilte das Baudepartement der X. AG mit, ihr Angebot sei vom Verfahren ausgeschlossen worden, weil der verlangte Nachweis bezüglich der Einhaltung der Arbeitsbedingungen nicht beigebracht worden sei. Der Zuschlag ging mit Verfügung vom 20. September 2003 zum Preis von Fr. 213'512.15 an die Elektrizitäts Aktiengesellschaft Basel (EAGB).
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Auf Rekurs der X. AG hin bestätigte das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt (als Verwaltungsgericht) mit Urteil vom 16. Dezember 2003 sowohl die Ausschlussverfügung wie auch den Zuschlagsentscheid.
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Mit Eingabe vom 18. Januar 2004 führt die X. AG staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht mit den Anträgen, das Urteil des Appellationsgerichts Basel-Stadt (als Verwaltungsgericht) vom 16. Dezember 2003 aufzuheben und das Beschaffungsgeschäft direkt der Beschwerdeführerin zuzuschlagen. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an das Appellationsgericht zurückzuweisen, subeventuell die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Entscheides festzustellen.
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Der Vertrag zwischen dem Baudepartement des Kantons Basel-Stadt und der Elektrizitäts Aktiengesellschaft Basel über die vorliegend in Frage stehenden Arbeiten ist am 9./12. Januar 2004 abgeschlossen worden.
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Erwägung 1 | |
1.2 Die Beschwerdeführerin war am vorliegenden kantonalen Sub missionsverfahren beteiligt und ist als ausgeschlossene Bewerberin zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert (Art. 88 OG). Sie kann, wovon das Appellationsgericht zu Recht ausgegangen ist, nicht nur ![]() ![]() | |
Der Antrag auf einen "Direktzuschlag" durch das Bundesgericht ist schon durch den inzwischen erfolgten Vertragsabschluss hinfällig geworden; er wäre zudem mit der kassatorischen Natur der staatsrechtlichen Beschwerde (vgl. BGE 129 I 173 E. 1.5 mit Hinweisen) nicht vereinbar.
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1.3 Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss die Beschwerdeschrift die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze inwiefern durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid ![]() ![]() | |
Erwägung 2 | |
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4.3 Der gegenteilige Standpunkt der Beschwerdeführerin, wonach im gleichen Submissionsverfahren für verschiedene Anbieter verschiedene Gesamtarbeitsverträge zur Anwendung kommen könnten, ![]() ![]() | |
Im vorliegenden Fall wurde in der Ausschreibung der massgebende Gesamtarbeitsvertrag nicht bereits bestimmt, sondern bloss in allgemeiner Weise auf die gesetzlichen Vorschriften hingewiesen (vgl. Ziff. 3.1 lit. a der Generellen Teilnahmebedingungen). Die Erklärung des Ständigen staatlichen Einigungsamtes, wonach der SETI-GAV massgebend sei, wurde erst nach Einreichung der Angebote bekannt. Es darf der Beschwerdeführerin unter diesen Umständen nicht zum Nachteil gereichen, wenn sie den für ihren Betrieb geltenden Gesamtarbeitsvertrag (den Swissmem-GAV) als massgebend betrachtete und ihrem Angebot eine entsprechende Erklärung beilegte. Der in der Vernehmlassung des Kantons gezogene Vergleich mit einem Bauunternehmer, welcher sich dem Hutmacher-Gesamtarbeitsvertrag anschliesse, um nur diesem GAV entsprechende Löhne zu bezahlen, ist abwegig. Es wird von keiner Seite in Abrede gestellt, dass die vorliegend auszuführenden Arbeiten auch dem Bereich der Elektroindustrie zugerechnet werden können, für welche der Swissmem-GAV gilt, auch wenn daneben noch ein speziellerer Gesamtarbeitsvertrag für die Elektroinstallationsbranche besteht, dessen Bedingungen nach Auffassung der kantonalen Behörden für die streitige Vergebung allein massgebend sein sollen. Wenn die Submissionsbehörde nicht auf den Swissmem-GAV, sondern auf diesen letzteren Gesamtarbeitsvertrag (SETI-GAV) abstellen wollte, hatte sie der Beschwerdeführerin ordnungsgemäss Gelegenheit zu geben, die Gleichwertigkeit ihres GAV mit dem als massgebend erachteten anderen GAV darzutun.
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4.4 Das vom 3. September 2003 datierte, aber auch nach Auffassung des Appellationsgerichtes offenbar erst am 4. September 2003 per Fax versandte Schreiben des Baudepartementes setzte der Beschwerdeführerin hiefür nicht nur eine extrem kurze Frist bis zum 5. September 2003 (16.00 Uhr), sondern es war zudem auf eine Weise abgefasst, welche die Beschwerdeführerin im Unklaren darüber liess, was unter dem verlangten zusätzlichen "Nachweis" zu ![]() ![]() | |
Gemäss den Feststellungen im angefochtenen Urteil wurde der Beschwerdeführerin denn auch telefonisch eine Nachfrist bis zum 8. September 2003 gewährt, innerhalb welcher die Gewerkschaft SMUV gegenüber dem Baudepartement bestätigte, dass die Mindestlöhne des SETI-GAV in Bezug auf sieben namentlich genannte, für die Ausführung der streitigen Arbeiten vorgesehene Mitarbeiter der Beschwerdeführerin eingehalten seien. Das Submissionsbüro und auch das Appellationsgericht erachteten diese Erklärung als unzureichend. Erforderlich wäre nach Auffassung der kantonalen Behörden der Nachweis gewesen, dass sämtliche Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin oder jedenfalls alle jene, welche für die ausgeschriebenen Arbeiten grundsätzlich in Frage kommen könnten, Arbeitsbedingungen hätten, welche mit denen vom SETI-GAV gewährten gleichwertig seien. Es genüge nicht, wenn ein Anbieter belegen könne, dass er im Rahmen des ausgeschriebenen Auftrages kein Lohndumping betreibe; das kantonale Beschaffungsgesetz (§ 5 Abs. 2 lit. a) verlange, dass die massgebenden Arbeitsbedingungen "dauernd und vollumfänglich" eingehalten würden. ![]() | |
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5. Dass die Beschwerdeführerin den Nachweis der Gleichwertigkeit der Gesamtarbeitsverträge nicht rechtzeitig erbracht hat, ist nach dem Gesagten in erster Linie auf das der Sachlage nicht gerecht werdende Schreiben des Baudepartementes vom 3. September 2003 zurückzuführen. Wenn die Submissionsbehörde gestützt auf die Erklärung des Einigungsamtes den Swissmem-GAV - obwohl er die ausgeschriebenen Arbeiten ebenfalls durchaus zum Gegenstand haben konnte - nicht als massgebend erachten wollte, hatte sie für den Nachweis der Gleichwertigkeit dieses Gesamtarbeitsvertrages eine angemessene Frist einzuräumen und zugleich zu sagen, auf welche Kriterien sie für diesen Vergleich abstellen wollte (beispielsweise Beschränkung des Vergleichs auf Arbeitszeiten und tarifliche Minimallöhne, Festlegung des in den Vergleich einzubeziehenden Personals oder Betriebsteils), zumal sich weder aus dem Beschaffungsgesetz noch aus der zugehörigen Verordnung hierüber etwas Näheres entnehmen lässt und offenbar auch die von der Beschwerdeführerin beigezogenen Gewerkschaftsvertreter, welche mit der Submissionsbehörde Rücksprache genommen hatten, zunächst nicht wussten, was mit der Formulierung "Wir bitten Sie, diesen Nachweis bis 5. September 2003, 16.00 Uhr (....) nachzuliefern" gemeint war. Auch die Unklarheit der kantonalen Vorschriften über die Zuständigkeit für die Ausstellung der erforderlichen Bestätigungen (§ 6 Abs. 1 BeG, § 3 Abs. 1 BeV) schuf das Bedürfnis nach präzisierenden Anweisungen. Das Submissionsbüro war dazu umso eher gehalten, als es durch den Wortlaut seines Schreibens vom 3. September 2003 und insbesondere durch die dort gewährte extrem kurze Frist zu möglichen Missverständnissen selber entscheidend beigetragen hatte. Dass der Nachweis der Gleichwertigkeit der Gesamtarbeitsverträge gemäss Gesetz von den Anbietern erbracht werden muss, ändert nichts an der Pflicht der Submissionsbehörde, den Gegenstand des geforderten Nachweises - sei es bereits in der Ausschreibung oder aber nachträglich bei ![]() ![]() | |
Bei diesem Verfahrensausgang hat der Kanton Basel-Stadt, der vor liegend Vermögensinteressen im Sinne von Art. 156 Abs. 2 OG wahrnimmt, die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen und die Beschwerdeführerin für dieses Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 159 OG; vgl. Urteil 2P.342/1999 vom 31. Mai 2000, publ. in: Pra 89/2000 Nr. 150 S. 896). ![]() |