3. Urteil vom 13. Februar 1963 i.S. Shell Switzerland gegen Regierungsrat des Kantons Solothurn. | |
Regeste | |
Staatsrechtliche Beschwerde (Art. 87 und 88 OG). Voraussetzungen der Willkürbeschwerde gegen einen Zwischenentscheid (Erw. 1). Legitimation des Inhabers eines Baurechts zur 8cschwerde wegen Verweigerung der Baubewilligung (Erw. 2).
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Willkür, rechtsungleiche Behandlung. Verweigerung der Bewilligung zur Umwandlung der für landwirtschaftliche Zwecke benutzten Ein- und Ausfahrt an einer öffentlichen Strasse in eine solche für eine Tankstelle und Service-Station (Erw. 4-6).
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Sachverhalt | |
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Die geplante Service-Station würde an der Rötistrasse liegen, die eine Durchgangsstrasse erster Klasse ist. Nach § 2 der Verordnung des Regierungsrates des Kantons Solothurn über den Schutz des Strassenverkehrs vom 31. Januar 1958 (StVVO) sind die Errichtung neuer und die wesentliche Erweiterung bestehender Ein- und Ausfahrten an Durchgangsstrassen erster Klasse verboten.
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Der Regierungsrat kann Ausnahmen gestatten, wenn die Ein- und Ausfahrten einem Bedürfnis für die Verkehrsabwicklung entsprechen, verkehrstechnisch richtig gestaltet ![]() ![]() | |
Auf Grund von § 5 StVVO unterbreitete die städtische Baukommission das Baugesuch der Shell Switzerland dem kantonalen Baudepartement, das seinerseits die Akten dem Ausschuss der kantonalen Verkehrskommission zur Begutachtung zustellte. Dieser führte einen Augenschein durch und beantragte am 3. Juli 1962 dem Baudepartement, die Errichtung der Service-Station aus verkehrspolizeilichen Gründen abzulehnen, da direkte Ein- und Ausfahrten am fraglichen Ort unerwünscht seien. Polizei- und Baukommission der Stadt Solothurn schlossen sich dieser Auffassung an.
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B.- Auf Antrag des kantonalen Baudepartementes lehnte der Regierungsrat des Kantons Solothurn am 9. Oktober 1962 das Gesuch um Erteilung einer Bewilligung für direkte Ein- und Ausfahrten im Zusammenhang mit der geplanten Service-Station der Shell Switzerland ab.
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C.- Diesen Entscheid des Regierungsrates ficht die Shell Switzerland mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV an. Sie beantragt, ihn aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erteilung der Bewilligung an den Regierungsrat zurückzuweisen. Auf die Begründung der Beschwerde wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen hingewiesen.
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D.- Im Namen des Regierungsrates beantragt das Baudepartement des Kantons Solothurn, die Beschwerde abzuweisen. Auf die Ausführungen in der Beschwerdeantwort wird ebenfalls in den Erwägungen hingewiesen, soweit sich dies als nötig erweist.
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Der angefochtene Entscheid des Regierungsrates erging im Rahmen eines Baubewilligungsverfahrens über die Vorfrage, ob für die im Bauprojekt vorgesehene Ein- und Ausfahrt an der Rötistrasse eine Ausnahmebewilligung gemäss § 2 Abs. 2 StVVO zu erteilen sei. Der Entscheid hierüber ist für die Baubehörden verbindlich und kann durch die Anfechtung ihrer Entscheide nicht mehr rückgängig gemacht werden. Der Beschluss des Regierungsrates, mit dem eine Ausnahmebewilligung für die Ein- und Ausfahrt abgelehnt wird, besiegelt daher das Schicksal des Baugesuches der Beschwerdeführerin, an der fraglichen Stelle eine Service-Station errichten zu dürfen, endgültig in negativem Sinne. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob es sich beim angefochtenen Entscheid des Regierungsrates um einen Endentscheid mit Bezug auf die ausschliesslich von ihm zu beurteilende verkehrspolizeiliche Frage der Erteilung einer Ausnahmebewilligung für die Errichtung einer Ein- und Ausfahrt handle oder um einen blossen Zwischenentscheid im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens, denn auch im letzteren Falle hat er wegen seiner Verbindlichkeit für die Baubehörden einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil für die Beschwerdeführerin zur Folge, sodass im einen wie im anderen Falle die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV gemäss Art. 87 OG zulässig ist.
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Nach § 2 StVVO sind die für die geplante Service-Station notwendigen Ein- und Ausfahrten grundsätzlich verboten, weil sie an eine Durchgangsstrasse erster Klasse zu liegen kämen. Um ihr Bauprojekt verwirklichen zu können, bedarf somit die Beschwerdeführerin einer Ausnahmebewilligung im Sinne von § 2 Abs. 2 StVVO. Demgemäss wären bereits im Baugesuch die Gründe darzulegen gewesen, welche die Erteilung einer solchen Ausnahmebewilligung hätten rechtfertigen können. Mit Recht macht die Beschwerdeführerin nicht geltend, dass sie daran gehindert worden sei. Wenn sie gleichwohl von dieser Möglichkeit, ihren Standpunkt darzulegen, keinen Gebrauch gemacht hat, kann sie sich nicht hinterher über eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs beklagen, weil ihr in einem späteren Stadium des Verfahrens nicht noch einmal Gelegenheit geboten wurde, ihre Auffassung zu begründen. Die Beschwerdeführerin nennt keine gesetzliche ![]() ![]() | |
Selbst wenn übrigens die Beschwerdeführerin keine Möglichkeit gehabt hätte, sich zur Frage der Ausnahmebewilligung zu äussern, bevor darüber entschieden wurde, läge keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor, weil - wie der Regierungsrat in der Beschwerdeantwort ausdrücklich erklärt hat - der Beschwerdeführerin mit Bezug auf den angefochtenen Verwaltungsentscheid die Möglichkeit eines Wiedererwägungsgesuches offensteht (BGE 74 I 249).
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Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin würde sich die Zulassung neuer Beweismittel im vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren nicht rechtfertigen, auch wenn ihr im kantonalen Verfahren das Gehör verweigert worden wäre. Die Folge wäre vielmehr die, dass der angefochtene Entscheid aufgehoben werden müsste und die kantonale Instanz nach Anhören der Beschwerdeführerin neu zu entscheiden hätte. - Unter "neuen Beweismitteln" versteht die Beschwerdeführerin offenbar das Privatgutachten von Ingenieur Biermann vom 31. Oktober 1962, das erst nach dem Entscheid des Regierungsrates erstattet worden ist, somit neu ist und als ![]() ![]() | |
Vorbehältlich einer Ausnahmebewilligung verbietet indessen § 2 StVVO nicht nur die Errichtung neuer, sondern auch "die wesentliche Erweiterung bestehender Ein- und Ausfahrten" an Durchgangsstrassen erster Klasse. Es liegt auf der Hand, dass die Ein- und Ausfahrt für eine Service-Station sich hinsichtlich Ausbau und Frequenz wesentlich von derjenigen für einen landwirtschaftlichen Betrieb unterscheidet und die Umwandlung einer solchen in die Ein- und Ausfahrt für eine Tankstelle ohne jede Willkür als eine "wesentliche Erweiterung" im Sinne von § 2 Abs. 1 StVVO bezeichnet werden darf, die gemäss Abs. 2 der nämlichen Bestimmung nur auf Grund einer Ausnahmebewilligung zulässig ist. In der Beschwerde selber wird denn auch ausgeführt, dass bei Errichtung der Service-Station im Interesse der Erhöhung der Sicherheit und der Flüssigkeit des Verkehrs auf der Rötistrasse "eine gewisse Erweiterung bezw. Anpassung" der bestehenden Ein- und Ausfahrten notwendig sei.
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5. Nach § 2 Abs. 1 StVVO sind die Errichtung neuer und die wesentliche Erweiterung bestehender Ein- und Ausfahrten an Durchgangsstrassen erster Klasse grundsätzlich verboten. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung "kann" der Regierungsrat unter den dort genannten Umständen ![]() ![]() | |
Der Regierungsrat hat in den Erwägungen des angefochtenen Entscheides die Gründe eingehend dargelegt, die der Erteilung einer Ausnahmebewilligung für die Errichtung der geplanten Ein- und Ausfahrt entgegenstehen. Was die Beschwerdeführerin auf Grund des Privatgutachtens Biermann dagegen vorbringt, ist eine rein appellatorische Kritik, die nicht darzutun vermag, dass der Regierungsrat das ihm zustehende Ermessen willkürlich gehandhabt habe. Insbesondere lässt sich die Auffassung des Regierungsrates nicht schon deswegen als willkürlich bezeichnen, weil nach den Normen der Vereinigung Schweizerischer Strassenfachmänner der Bewilligung der streitigen Tankstelle angeblich nichts im Wege stehen würde. Das schliesst nicht aus, dass der Regierungsrat strengere Anforderungen an die Erteilung einer Ausnahmebewilligung stellen kann, wenn es sich auf Grund der konkreten Verkehrsverhältnisse auf dem in Frage stehenden Strassenstück sachlich rechtfertigen lässt. Dass dies schlechterdings nicht der Fall sei, tut ![]() ![]() | |
Der Regierungsrat weist demgegenüber in der Beschwerdeantwort darauf hin, dass der Autovertretung AG die Ausnahmebewilligung noch gar nicht erteilt worden sei und dass in beiden von der Beschwerdeführerin genannten Fällen insofern besondere Verhältnisse vorlägen, als die betreffenden Betriebe am bisherigen Ort den Verkehr ![]() ![]() | |
Die Beschwerdeführerin hat nicht behauptet, gleiche oder ähnliche besondere Verhältnisse hätten im Zusammenhang mit dem von ihr im Jahre 1960 gestellten Gesuch betreffend Baselstrasse vorgelegen oder bestünden beim heutigen Baugesuch. Insbesondere wird nicht geltend gemacht, dass es sich auch beim Projekt der Shell Switzerland um die Verlegung einer verkehrstechnisch ungünstig gelegenen Service-Station an einen verkehrstechnisch günstigeren Ort handle. Von einer rechtsungleichen Behandlung könnte jedoch nur gesprochen werden, wenn der Regierungsrat bei gleichen tatsächlichen Verhältnissen ungleich entschieden hätte. Der Vorwurf rechtsungleicher Behandlung erweist sich daher ebenfalls als unbegründet.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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