35. Urteil vom 29. Mai 1957 i.S. B. gegen Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft. | |
Regeste | |
Doppelbesteuerung.
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2. Erwerbsunternehmen mit Betriebsstätte ausserhalb des Sitzkantons. Steuerort für den Wertzuwachs auf einer Liegenschaft, die sich am Orte der Betriebsstätte befindet und für ihre Zwecke benützt wird (Änderung der Rechtsprechung) (Erw. 2 und 3).
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Sachverhalt | |
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Ende November 1951 vereinbarten die Steuerverwaltungen der Kantone Basel-Stadt und Baselland mit Witwe B., dass vom gesamten Ertrag ihres Blumengeschäfts bis auf weiteres 3/4 in Basel-Stadt und 1/4 in Baselland zu versteuern seien. In diesem Verhältnis wurde in den Jahren 1951 bis 1954 der jeweils rund Fr. 10'000.-- betragende Reingewinn des Geschäftes zwischen den beiden Kantonen aufgeteilt, während als Vermögen vom Kanton Basel-Stadt das bewegliche Vermögen von rund Fr. 8000.-- und vom Kanton Baselland die Liegenschaft in Muttenz je nach Abzug eines verhältnismässigen Anteils der Hypothekarschuld besteuert wurde.
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Im Jahre 1952 wurde ein 309 m2 haltender Streifen des Grundstückes in Muttenz gegen eine Entschädigung von Fr. 10'200.-- für die Strassenverbreiterung enteignet. Die Steuerverwaltung Baselland berechnete den dabei erzielten, gemäss §§ 56 ff. des StG vom 7. Juli 1952 steuerbaren Grundstückgewinn auf Fr. 6454.25 und erhob hierauf am 1. Dezember 1953 von allen Miteigentümern zusammen Fr. 358.80 Steuer.
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Am 1. Januar 1955 starb Witwe B. In den in beiden ![]() ![]() | |
B.- Innert 30 Tagen nach Eröffnung dieses Entscheides haben die Erben B. beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde wegen Doppelbesteuerung erhoben mit den Anträgen:
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1) Es sei festzustellen, dass die Liegenschaft in Muttenz nicht zum Geschäftsvermögen der verstorbenen Witwe B. gehört und der Kapitalgewinn daher nicht der Einkommenssteuer des Kantons Basel-Stadt unterliegt.
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2) Für den Fall, dass die Liegenschaft zum Geschäftsvermögen gehören sollte, sei festzustellen, dass der Kanton Baselland im Falle eines späteren Verkaufs den Grundstückgewinn nur noch insoweit besteuern darf, als er die vom Kanton Basel-Stadt bereits besteuerten Fr. 79'572.-- übersteigt.
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Es sei in jedem Falle festzustellen, welcher Kanton zur Besteuerung eines allfälligen Verkaufsgewinnes aus der Liegenschaft zuständig sei. Die virtuelle Doppelbesteuerung sei aufzuheben.
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3) Es sei festzustellen, welcher Kanton zur Besteuerung des Expropriationsgewinns von 1952 zuständig sei. Die für diesen Gewinn bestehende tatsächliche Doppelbesteuerung sei aufzuheben und die eventuell zu viel bezahlte Steuer zurückzuerstatten.
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C.- Das Finanzdepartement des Kantons Basel-Stadt beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit sie sich gegen Basel-Stadt richtet. Da auf dem Grundstück in Muttenz ein erheblicher Teil, nämlich 20% der im Geschäft verkauften Blumen gezogen werde, sei es als Betriebsstätte und Geschäftsvermögen anzusehen. Auf der Annahme eines interkantonalen Unternehmens beruhe auch der im Jahre 1951 für den Geschäftsertrag vereinbarte Verteiler. Bei einem solchen Unternehmen müsse aber der gesamte Geschäftsertrag, und zwar, wie das Bundesgericht stets erklärt habe, mit Einschluss der Liegenschaftsgewinne (BGE 54 I 409) verhältnismässig auf die beiden Kantone verteilt werden.
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D.- Die Finanzdirektion des Kantons Baselland führt aus:
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a) Auch wenn man entgegen der nicht unanfechtbaren Auffassung der Beschwerdeführer die Liegenschaft in Muttenz als Geschäftsvermögen betrachte, zeige gerade der vorliegende Fall eines den ordentlichen Geschäftsertrag weit übersteigenden Grundstückgewinns, dass es ![]() ![]() | |
b) Sollten die in Frage stehenden Grundstückgewinne nach Auffassung des Bundesgerichts gleichwohl dem Geschäftseinkommen zuzurechnen und mit diesem zu repartieren sein, so seien doch für die Jahre, in denen solche Gewinne entstanden seien, die kantonalen Quoten unter Berücksichtigung dieser Gewinne und ihrer Herkunft neu festzusetzen, d.h. diese Gewinne den Anteilen des Kantons Baselland zuzuweisen. Gerade der vorliegende Fall zeige freilich die besondern Schwierigkeiten einer Repartition der Grundstückgewinne, da der 1955 festgestellte Mehrwert in Basel-Stadt beim Erbgang und auf Grund des in diesem Zeitpunkt geschätzten Wertes, in Baselland dagegen erst bei der Erbteilung und auf Grund des dem übernehmenden Erben angerechneten Wertes besteuert werde. Diese Schwierigkeiten liessen sich vermeiden, wenn das Grundeigentum ganz dem Liegenschaftskanton zur Besteuerung überlassen werde.
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Das Bundesgericht hat die Beschwerde gegenüber dem Kanton Basel-Stadt gutgeheissen.
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1. Bei Beschwerden wegen Verletzung von Art. 46 Abs. 2 BV beginnt die 30-tägige Beschwerdefrist erst mit der Erhebung des zeitlich zweiten der nach Ansicht der ![]() ![]() | |
Wie die staatsrechtliche Beschwerde im allgemeinen, kann sich indessen auch die Doppelbesteuerungsbeschwerde nur gegen Hoheitsakte (Erlasse oder Verfügungen) richten, die in die Rechtsstellung des Bürgers eingreifen. Auf die vorliegenden Beschwerdebegehren ist daher nur einzutreten, soweit damit die Beseitigung der durch die beiden erwähnten Veranlagungen bewirkten effektiven Doppelbesteuerung für 1952 sowie die Beseitigung der inbezug auf die baselstädtischen Veranlagung für 1955 gerügten virtuellen Doppelbesteuerung verlangt wird. Dagegen ist auf das Begehren um Feststellung, welcher Kanton beim späteren Verkauf der Liegenschaft in Muttenz zur Besteuerung eines allfälligen Gewinns zuständig sei, ebensowenig einzutreten, wie auf das Begehren um Feststellung, dass die Liegenschaft nicht zum Geschäftsvermögen der verstorbenen Witwe B. gehöre. Zu entscheiden ist einzig, ob die angefochtenen Veranlagungen gegen das Verbot der Doppelbesteuerung verstossen.
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2. Da auf dem Grundstück in Muttenz in den letzten Jahren vor dem Tod der Witwe B. unbestrittenermassen etwa 1/5 der im Geschäft in Basel verkauften Blumen gezogen wurden und die mit der Blumenzucht verbundene Arbeit derjenigen beim Verkauf jedenfalls nicht nachsteht, begründete die Blumenzucht für Witwe B. ein sekundäres Steuerdomizil der Betriebsstätte in Muttenz. Man hat es also mit einem die Blumenzucht in Muttenz und die Blumenhandlung in Basel umfassenden ![]() ![]() | |
3. Wenn der Anteil der Witwe B. als Privatvermögen zu betrachten ist, bildete zwar der Gewinn aus der Blumenzucht, ![]() ![]() | |
Weniger einfach verhält es sich, wenn der Liegenschaftsanteil als Geschäftsvermögen der Witwe B. zu betrachten ist. In diesem Falle hat zwar nach der bisherigen Rechtsprechung (BGE 54 I 409ff.) der Gewinn aus Wertzuwachs für die interkantonale Steuerausscheidung als Teil des Geschäftsgewinns zu gelten. Dagegen kann für den diesen Wertzuwachs umfassenden Geschäftsgewinn keinesfalls der gleiche Verteilungsschlüssel gelten, der in den andern Jahren auf den ordentlichen Geschäftsgewinn allein zur Anwendung kam. Die Verteilung des Gesamtgewinns eines interkantonalen Unternehmens hat nach Massgabe der besondern Verhältnisse des Einzelfalles zu erfolgen (BGE 61 I 342Erw. 3,BGE 71 I 336Erw. 3). Die im Jahre 1951 vereinbarten Quoten von 3/4 für Basel-Stadt und 1/4 für Baselland, die - wohl im Hinblick auf die Schwierigkeit einer genauen Berechnung nach einer der üblichen Methoden - nach Ermessen bestimmt worden sind, mögen den Anteilen der Blumenzucht und des Verkaufsgeschäfts an der Erzielung des Gesamtgewinns von rund Fr. 10'000.-- jährlich ungefähr entsprechen. Dagegen ist es klar, dass sich dieser Schlüssel für die Aufteilung des zehnmal grösseren Wertzuwachses, der auf 1. Januar 1955 festgestellt worden ist und nach baselstädtischem Steuerrecht als steuerbares Einkommen gilt, ebensowenig eignet, als sich z.B. der für den Ertrag eines interkantonalen Landwirtschaftsbetriebs massgebende Schlüssel (vgl.BGE 74 I 120. ff.) eignen würde für die Verteilung des Gewinns, der beim Verkauf einzelner Grundstücke als Bauland erzielt wird. Für die Aufteilung des auch den Wertzuwachs ![]() ![]() | |
Statt dessen erscheint es als natürlicher und richtiger, in Fällen wie dem vorliegenden in Abweichung von der bisherigen Praxis den Wertzuwachs überhaupt aus dem der Aufteilung nach Quoten unterliegenden Geschäftseinkommen auszuscheiden. Das Bundesgericht hat Ausnahmen vom Grundsatz der Einheitlichkeit des steuerbaren Einkommens interkantonaler Unternehmen im Hinblick auf besondere Verhältnisse auch schon ins Auge gefasst (BGE 61 I 342Erw. 2 a.E.). Hier erscheint eine solche Ausnahme als gerechtfertigt. Sie liegt in der Linie der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, die den Grundsatz, wonach das Grundeigentum und sein Ertrag der Steuerhoheit des Kantons der gelegenen Sache untersteht, in letzter Zeit in verstärktem Masse zur Geltung gebracht hat.
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Die Besteuerung des Wertzuwachses auf Grundstücken ist insoweit, als er nicht die Folge einer gewerblichen Tätigkeit ist, stets dem Liegenschaftskanton vorbehalten worden (BGE 45 I 285). Das gilt auch für den Wertzuwachs auf Grundeigentum von Handelsgesellschaften in Kantonen, in denen sie weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben (BGE 79 I 31, 137). InBGE 79 I 145wurden sodann auch die Grundstückgewinne der Liegenschaftshändler und der Bauunternehmer in Abänderung der bisherigen Rechtsprechung (BGE 49 I 45undBGE 54 I 240) dem Liegenschaftskanton zur ausschliesslichen Besteuerung zugewiesen. Vorbehalten wurde lediglich der Fall, wo das Grundstück zu einer vom Steuerpflichtigen unterhaltenen Betriebsstätte gehört, sowie der Fall des blossen Buchgewinns, wo der Verkaufserlös nur den abgeschriebenen Buchwert übersteigt, die Gestehungskosten aber nicht erreicht (vgl.BGE 79 I 148/9). Dieser zweite Vorbehalt ![]() ![]() ![]() ![]() | |
4. Steht demnach die Besteuerung des Wertzuwachses auf der Liegenschaft in Muttenz ausschliesslich dem Kanton der gelegenen Sache zu ohne Rücksicht darauf, ob die Liegenschaft seit 1939 Geschäftsvermögen war oder nicht, so braucht diese Frage nicht entschieden zu werden. Der Kanton Basel-Stadt ist auf keinen Fall befugt, den im Jahre 1952 bei der Enteignung erzielten Grundstückgewinn oder den bei der Inventur über den Nachlass der Witwe B. festgestellten Mehrwert zu besteuern. ![]() |