15. Urteil vom 13. März 1957 i.S. Steffen gegen Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft. | |
Regeste | |
Doppelbesteuerung.
| |
2. In welchem Kanton hat ein Steuerpflichtiger, dessen Vermögen und Vermögensertrag infolge Wohnsitzwechsels oder Erbgangs im Laufe des Steuerjahres der Steuerhoheit zweier Kantone untersteht, die auf seinen Aktien bezogenen Jahresdividenden zu versteuern? (Erw. 3-5).
| |
Sachverhalt | |
![]() | |
Am 12. Juli 1956 reichte der Beschwerdeführer der Steuerverwaltung Basel-Stadt eine Steuererklärung für seinen verstorbenen Bruder ein, in der er als Einkommen der Zeit vom 1. Januar bis 1. Dezember 1955 auch die gemäss Generalversammlungsbeschluss vom 15. Juli 1955 ausgeschüttete Dividende auf den Aktien der X-AG angab. Die Steuerverwaltung rechnete diese Dividende zum übrigen in der genannten Periode erzielten Einkommen des Verstorbenen hinzu und verlangte hievon auf Grund von § 53 Abs. 3 des Steuergesetzes vom 22. Dezember 1949 eine volle Jahressteuer (Veranlagung vom 31. Oktober 1956).
| |
Da sich das Vermögen des Beschwerdeführers infolge der ihm am 1. Dezember 1955 zugefallenen Erbschaft erheblich vermehrt hatte, schritt die Steuerverwaltung Baselland auf Grund von § 68 Ziff. 2 b des Steuergesetzes vom 7. Juli 1952 zu einer Zwischentaxation. Dabei gelangte sie, unter Einbeziehung einer Dividende auf den ererbten Aktien der X-AG zu einem Jahreseinkommen von Fr. .... und verlangte von diesem gegenüber der letzten ordentlichen Einschätzung erhöhten Einkommen die Steuer für die Zeit vom 2. Dezember 1955 (Erbanfall) bis zum 31. Juli 1956 (Wegzug aus dem Kanton), d.h. für 242 Tage (Zwischentaxation vom 20. Dezember 1956).
| |
B.- Gegen diese Veranlagung hat Rudolf Steffen am 18. Januar 1957 gleichzeitig beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 46 Abs. 2, ![]() ![]() | |
Mit der staatsrechtlichen Beschwerde werden folgende Anträge gestellt:
| |
1.- Es sei festzustellen, dass die Zwischentaxation vom 21. Dezember 1956 gegen das interkantonale Doppelbesteuerungsverbot (Art. 46 Abs. 2 BV), eventuell gegen die Rechtsgleichheit (Art. 4 BV) verstosse, und es sei daher diese Zwischentaxation aufzuheben und die Sache zur Neuveranlagung an die Steuerverwaltung Baselland zurückzuweisen mit der Auflage, dass in das steuerbare Einkommmmen keine Dividenden der ererbten Aktien der X-AG einzubeziehen seien.
| |
2.- Eventuell sei die Veranlagung des Kantons Basel-Stadt vom 31. Oktober 1956 aufzuheben und dieser Kanton zu einer entsprechenden Rückerstattung zu verhalten.
| |
Zur Begründung dieser Anträge wird im wesentlichen geltend gemacht:
| |
a) Nach dem basellandschaftl. StG sei im Falle einer Zwischentaxation im Sinne von § 68 Ziff. 2 auf das "laufende Einkommen" abzustellen (§ 11 Abs. 3). In der Zeit vom 2. Dezember 1955 bis 31. Juli 1956, auf die sich die angefochtene Zwischentaxation beziehe, sei dem Beschwerdeführer keine Dividende der ererbten Aktien der X-AG zugeflossen. Gleichwohl habe die Steuerverwaltung eine solche Dividende in das für diesen Zeitraum steuerbare Einkommen einbezogen. Hierin liege eine unzulässige Doppelbesteuerung, gleichgültig wie die Besteuerung begründet werde. Wenn der Kanton Baselland von der im Jahre 1955 ausgeschütteten Dividende ausgehe, liege eine effektive Doppelbesteuerung vor, da diese Dividende bereits vom Kanton Basel-Stadt mit einer vollen Jahressteuer belegt worden sei. Wenn er dagegen von der im Jahre 1956 ausgeschütteten Dividende ausgehe, so liege ein Eingriff in die Steuerhoheit des Kantons Luzern vor, da der Beschwerdeführer zur Zeit der Ausschüttung (5. Dezember 1956) in diesem Kanton Wohnsitz gehabt habe. Sollte schliesslich der Kanton Baselland nicht von der ausgeschütteten, ![]() ![]() | |
b) Sollte das Bundesgericht das Vorliegen einer unzulässigen Doppelbesteuerung verneinen, so würde die angefochtene Zwischentaxation gegen Art. 4 BV verstossen, da die Besteuerung gewisser Steuerpflichtiger nach einem bloss fiktiven, nicht wirklichen Einkommen mit dem kantonalen Recht, insbesondere § 69 StG, unvereinbar sei und auf eine rechtsungleiche Behandlung hinauslaufe (wird näher ausgeführt).
| |
C.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit sie sich gegen Basel-Stadt richtet. Die Dividende (für das Geschäftsjahr 1954), die der Kanton Basel-Stadt als Einkommen des verstorbenen Jakob Steffen besteuert habe, sei diesem am 15. Juli 1955 zugeflossen. Da Jakob Steffen in diesem Zeitpunkt noch gelebt und in Basel Wohnsitz gehabt habe, habe der Kanton Basel-Stadt die ihm zustehende Besteuerungsbefugnis in keiner Weise überschritten.
| |
D.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit sie sich gegen Baselland richtet. Er führt aus: Der Beschwerdeführer betrachte die Dividende als Momentaneinkommen, das im Zeitpunkt des bezüglichen Generalversammlungsbeschlusses entstehe. Diese Auffassung möge zivilrechtlich richtig sein, werde aber steuerrechtlich, wo auch der wirtschaftlichen Betrachtungsweise eine gewisse Bedeutung zukomme, den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht. Bei der infolge Erbgangs usw. vorzunehmenden Wehrsteuerzwischentaxation werde denn auch nicht auf den Zeitpunkt der Auszahlung der Dividende abgestellt; diese ![]() ![]() | |
1. Der Beschwerdeführer beruft sich in der staatsrechtlichen Beschwerde in erster Linie auf Art. 46 Abs. 2 BV und macht nur eventuell geltend, dass die angefochtene Zwischentaxation der Steuerverwaltung Baselland auf einer mit Art. 4 BV unvereinbaren Auslegung und Anwendung des basellandschaftlichen Steuergesetzes beruhe. Die gleichen Rügen werden auch in der kantonalen Einsprache ![]() ![]() | |
a) Während diese Erschöpfung bei Doppelbesteuerungsbeschwerden nicht erforderlich ist, ist sie bei Beschwerden aus Art. 4 BV vorgeschrieben (Art. 86 Abs. 2 und Art. 87 OG). Wird gleichzeitig wegen Verletzung von Art. 46 Abs. 2 und Art. 4 BV staatsrechtliche Beschwerde geführt, so kann für diejenige aus Art. 4 BV dann vom Erfordernis der Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges abgesehen werden, wenn sie keine selbständige Bedeutung hat, sondern lediglich zur Begründung der Doppelbesteuerungsbeschwerde dient (BGE 46 I 247; BIRCHMEIER, Handbuch des OG S. 349). Im vorliegenden Falle hat die (zwar bloss eventuell erhobene) Rüge der Verletzung des Art. 4 BV offensichtlich selbständige Bedeutung, da sie auch für sich allein hätte erhoben werden können. Auf die Beschwerde aus Art. 4 BV kann daher nicht eingetreten werden. Es fragt sich einzig, ob die Beurteilung der damit verbundenen Doppelbesteuerungsbeschwerde zu verschieben sei bis zum Entscheid über die bei der basellandschaftlichen Steuerverwaltung eingereichte Einsprache.
| |
b) Diese Frage stellt sich auch deshalb, weil mit jener Einsprache nicht nur eine mit Art. 4 BV unvereinbare Anwendung kantonalen Rechts, sondern wie mit der staatsrechtlichen Beschwerde auch, ja in erster Linie Verletzung von Art. 46 Abs. 2 BV gerügt wird. Wenn dergestalt aus einem Beschwerdegrund, für dessen Geltendmachung die Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges nicht erforderlich, wohl aber gestattet ist (Art. 86 Abs. 2 und 3 OG), gleichzeitig die staatsrechtliche Beschwerde und ein kantonales Rechtsmittel ergriffen wird, so entscheidet das Bundesgericht aus dem Gesichtspunkt der Zweckmässigkeit, ob auf die staatsrechtliche Beschwerde sofort einzutreten oder deren Behandlung bis zum Entscheid über das kantonale Rechtsmittel zu verschieben sei (BGE 82 I 83 ![]() ![]() | |
Soweit mit der Beschwerde geltend gemacht wird, dass die basellandschaftliche Veranlagung die während der streitigen Periode angewachsene, aber erst am 6. Dezember 1956 ausgeschüttete Dividende erfasse, macht der Beschwerdeführer, da er nicht angibt, ob und in welchem Umfange der Kanton Luzern diese Dividende besteuert hat, eine bloss virtuelle Doppelbesteuerung geltend. Auch hiezu ist er befugt, da Art. 46 Abs. 2 BV nach ständiger Rechtsprechung den Eingriff in die Steuerhoheit eines andern Kantons auch dann verbietet, wenn dieser von seinem Besteuerungsrecht keinen oder nicht vollen Gebrauch macht (BGE 74 I 372,BGE 78 I 333, 422).
| |
3. Der Entscheid darüber, ob der Beschwerdeführer überhaupt in unzulässiger Weise doppelt besteuert worden ![]() ![]() | |
a) Der Kanton Basel-Stadt, nach dessen Steuerrecht die Bemessungs- und die Steuerperiode immer zusammenfallen, die Veranlagung aber erst nach deren Abschluss erfolgt (vgl. GRÜNINGER-STUDER, Kommentar zum StG, Vorb. zu §§ 52-54), hat die dem Bruder des Beschwerdeführers am 15. Juli 1955 zugeflossene Dividende wie dessen übriges, in der Zeit vom 1. Januar bis 1. Dezember (Todestag) dieses Jahres erzielte Einkommen gemäss § 53 Abs. 3 StG mit einer "vollen Jahressteuer" belegt. Damit hat der Kanton Basel-Stadt nicht den Ertrag des Nachlassvermögens in unzulässiger Weise (vgl.BGE 51 I 298) über den Todestag hinaus besteuert. Die in § 53 Abs. 3 StG vorgeschriebene Erhebung einer "vollen Jahressteuer" auf dem bis zum Todestag erzielten Einkommen Verstorbener bezweckt lediglich eine Verminderung des progressiven Steuersatzes, indem solches Einkommen nicht, wie das regelmässige Einkommen der aus dem Kanton Wegziehenden (§ 53 Abs. 1), in ein entsprechendes Jahreseinkommen umgerechnet und dann pro rata temporis besteuert wird (GRÜNINGER-STUDER Bem. II 3 zu § 53 StG).
| |
b) Die Steuerverwaltung Baselland hat der Berechnung der vom Beschwerdeführer für die Zeit vom 2. Dezember 1955 bis 31. Juli 1956 zu entrichtenden Einkommenssteuer gemäss § 10 StG das Einkommen eines ganzen Jahres zugrunde gelegt und in dieses Fr. ..... Dividende auf den ererbten Aktien der X-AG einbezogen. Dem Betrage nach handelt es sich dabei um die am 15. Juli 1955 ausgeschüttete Dividende. Indessen wollte die Steuerverwaltung damit offenbar nicht auf diese Dividende als Bemessungsgrundlage zurückgreifen; vielmehr sollte, wie sich aus der Beschwerdeantwort des Regierungsrates und dem darin enthaltenen Hinweis aufBGE 79 I 67ergibt, die während der betreffenden Steuerperiode anwachsende, voraussichtlich gleich hohe Dividende erfasst werden. Ob eine solche Besteuerung dem basellandschaftlichen Steuergesetz entspricht, ![]() ![]() | |
Die verwaltungsrechtliche Kammer des Bundesgerichts hat kürzlich für den Fall einer Zwischenveranlagung gemäss Art. 96 WStB entschieden, dass bei ererbtem Aktienbesitz vom Ertrag eines ganzen Jahres auszugehen und dieser für den Rest der Veranlagungsperiode pro rata temporis zu besteuern sei ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt ![]() ![]() ![]() ![]() | |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
| |