7. Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 10. Februar 1984 i.S. Besmer und Mitbet. gegen Präsident der Eidg. Schätzungskommission, Kreis 9 (aufsichtsrechtliches Verfahren) | |
Regeste | |
Art. 48 EntG, Art. 24 und 27 Verordnung für die eidg. Schätzungskommissionen (VESchK); Durchführung der Einigungsverhandlung.
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Dass jeder Enteignete an den Einigungsverhandlungen jeder Gruppe teilnehmen kann, bedeutet nicht, dass der einzelne berechtigt sei, auch in den Fällen, in denen er nicht Partei ist, das Wort zu ergreifen (E. 2a).
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Ob und welche Erhebungen im Sinne von Art. 27 VESchK zu treffen seien, steht weitgehend im Ermessen des Schätzungskommissions-Präsidenten (E. 3b).
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Sachverhalt | |
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Adolf Besmer und 15 weitere Enteignete haben, vertreten durch die Aktiengesellschaft für Rechtsschutz in Enteignungssachen, gegen den Präsidenten der Schätzungskommission Aufsichtsbeschwerde eingereicht. Das Bundesgericht hat dieser keine Folge gegeben in
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1. Die Geschäftsführung der Schätzungskommission und ihres Präsidenten steht unter der Aufsicht des Bundesgerichtes ![]() ![]() | |
Zu einem aufsichtsrechtlichen Einschreiten hat das Bundesgericht entgegen der Meinung der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall keinen Anlass.
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a) Zunächst ist festzuhalten, dass der Präsident bei der Vorladung der Haupt- und Nebenparteien den Bestimmungen von Art. 45 und 47 EntG in vollem Umfang nachgekommen ist; als zweckmässig erscheint insbesondere, dass angesichts der grossen Zahl von Einsprechern - die die Zahl jener, die Land abzutreten haben, um ein Vielfaches übersteigt - verschiedene Gruppen gebildet worden sind (vgl. Art. 45 Abs. 2 EntG). Die Einheitlichkeit der Verhandlung wird dadurch nicht in Frage gestellt, ist doch - wie in der Vorladung ausdrücklich erwähnt wird - jeder Enteignete berechtigt, an den Einigungsverhandlungen sämtlicher Gruppen teilzunehmen (Art. 24 Abs. 2 VESchK). Klarzustellen ist in diesem Zusammenhang, dass durch die Zulassung aller Enteigneter eine gewisse Öffentlichkeit der Einigungsverhandlung gewahrt und den Befürchtungen, einzelne würden bevorzugt, entgegengetreten werden soll (Hess, Das Enteignungsrecht des Bundes, N. 11 zu Art. 45 EntG). Die Möglichkeit der Teilnahme berechtigt indessen den einzelnen nicht, auch in den Fällen, in denen er nicht Partei ist, das Wort zu ergreifen. (Der französische und der italienische Gesetzestext, die von "assister" bzw. "assistere" sprechen, sind in diesem Punkte präziser.) Die Anhörung jedes Einsprechers in jedem Falle würde das Verfahren nur unnütz erschweren und verzögern. Dass der Kreis der Einspracheberechtigten heute, nach der Revision der Legitimationsbestimmungen, grösser ist als jener der Enteigneten (vgl. BGE 108 Ib 245), ist kein Grund, um vom ursprünglichen Zweck der Einigungsverhandlungen, sich über die Abtretung der für das Werk beanspruchten Rechte gütlich zu ![]() ![]() | |
b) Der Entscheid des Schätzungskommissions-Präsidenten, die Gruppen auf dem Hof Nesseli bzw. vor den Gemeindekanzleien Rothenthurm und Oberägeri zu besammeln, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Nach Art. 45 Abs. 2 EntG hat die Verhandlung in der Regel an Ort und Stelle stattzufinden, was es - sofern nötig - erlaubt, sie mit einem Augenschein zu verbinden (HESS, a.a.O., N. 12 zu Art. 45 EntG). Im weiteren räumen die Beschwerdeführer selbst ein, der Präsident habe ihnen erklärt, nach der Besammlung könne ein geeignetes Lokal bezogen werden, falls auf Augenscheine verzichtet werde.
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Es ist daher nicht einzusehen, inwiefern die Vorladungen des Präsidenten den gesetzlichen Vorschriften zuwiderliefen oder für die Enteigneten zu Unzulänglichkeiten führen müssten; dies gilt auch für den Zeitplan, auf den noch zurückzukommen sein wird (E. 3 lit. c). Dass der Präsident offenbar entschlossen ist, alle Vorkehren zu treffen, um einen geordneten und reibungslosen Ablauf der Verhandlungen zu gewährleisten, kann ihm sicher nicht zum Vorwurf gereichen.
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3. Die Beschwerdeführer werfen dem Präsidenten weiter vor, er habe es unterlassen, die notwendigen Abklärungen zu treffen und danach den Enteigneten die Akten zur Einsichtnahme zuzustellen; dadurch sei gegen Art. 48 EntG und insbesondere gegen ![]() ![]() | |
a) Die Beschwerdeführer messen der Einigungsverhandlung eine Bedeutung zu, die ihr nach dem ganzen Verfahrensaufbau des Gesetzes offensichtlich nicht zukommen kann. Die Einigungsverhandlung dient wohl - immer mit dem Ziel einer gütlichen Verständigung - der "Abklärung streitiger oder zweifelhafter Punkte" (Art. 48 EntG), worunter in erster Linie die Erläuterung unklarer Begehren zu verstehen ist (HESS, a.a.O., N. 2 zu Art. 48 EntG), doch kann sie keineswegs die Instruktion ersetzen, die dem Entscheid über die Einsprachen vorausgehen muss und dem zuständigen Departement obliegt, noch hat sie an die Stelle der Abklärungen zu treten, die dem Schätzungsverfahren vorbehalten sind. Wenn die Beschwerdeführer verlangen, die Einigungsverhandlung müsse als eigentliche Instruktionsverhandlung mit einlässlicher Besprechung der eingereichten Einsprachen ausgestaltet werden, so entgeht ihnen offenbar, dass dem Schätzungskommissions-Präsidenten in diesem Bereich keine Entscheidungsgewalt zusteht; ist eine Einigung nicht möglich, so beschränkt sich seine Aufgabe darauf, die Einsprachen und Begehren nach Art. 7-10 EntG, allenfalls mit seinem Gutachten (BGE 99 Ib 112), dem Departement zu übermitteln. Erweisen sich grössere Abklärungen als sofort notwendig, so ist gegebenenfalls die Einigungsverhandlung auszusetzen (Art. 27 VESchK). Die Verhandlung selbst soll sich auf ihren eigentlichen Zweck, den Einigungsversuch, beschränken und darf nicht zu einer Verfahrensverschleppung führen, was - wie bereits ausgeführt - dem Grundgedanken der Gesetzesrevision vom Jahre 1971 zuwiderlaufen würde (vgl. BBl 1970 S. 1010, 1013 Ziff. 2.2). In diesem Sinne hat denn auch das Bundesgericht in seinem Zirkularschreiben den Präsidenten der Schätzungskommissionen empfohlen, von der ihnen nach Art. 51 EntG zustehenden Möglichkeit, die Einigungsverhandlung bis zur Erledigung der Einsprache auszusetzen, äusserst zurückhaltend Gebrauch zu machen (BGE 101 Ib 173).
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b) Beim Entscheid darüber, ob und welche Erhebungen im Sinne von Art. 27 VESchK anzuordnen seien, steht dem Präsidenten der Schätzungskommission - wie bei der Beweiserhebung ![]() ![]() | |
c) Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass der für die Verhandlungen aufgestellte Zeitplan zu Unrecht beanstandet wird, zumal noch die Möglichkeit der Wiederaufnahme der Einigungsverhandlung besteht.
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d) Schliesslich ist auch der Vorwurf, die Einigungsverhandlung werde zu einer formellen Farce degradiert, als haltlos zurückzuweisen. Die vom Präsidenten getroffenen Anordnungen geben keinen Anlass zu solcher Befürchtung, und die von ihm erarbeiteten Zusammenstellungen, die der Aufsichtsbehörde zur Kenntnis gebracht worden sind, zeugen von einer seriösen Vorbereitung der Verhandlungen.
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