18. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 30. April 1980 i.S. Dr. X. gegen Eidg. Oberzolldirektion, Bern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste | |
Körperliche Durchsuchung im Rahmen der Zollabfertigung.
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2. Art. 36 Abs. 5 ZG: Wann steht eine Person im Verdachte, verbotene oder zollpflichtige bzw. nach Art. 44 WUStB Wust-pflichtige Waren auf sich zu tragen? (E. 2.)
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Sachverhalt | |
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Am 6. Juli 1978 reiste Dr. X. um 17.50 Uhr über das Zollamt Zürich-Flughafen in die Schweiz zurück. Er benutzte den "roten Durchgang" und deklarierte dem Zollbeamten nach seinen Aussagen mündlich acht Lithographien, wobei er einen Ausfuhr-Vormerkschein und eine Visitenkarte des "Institut Géographique Khanzandian Paris" vorlegte. Der Beamte führte zu diesem Sachverhalt aus, Dr. X. habe lediglich sechs Lithographien deklariert. Er selber habe in der Folge festgestellt, dass die vorgelegten Unterlagen auf acht Objekte lauteten, und ihn deshalb gebeten, die Lithos auszupacken. Als acht Stück zum Vorschein kamen, habe Dr. X. erklärt, er habe sich geirrt. Weiter stellte der Beamte fest, dass auf dem Vormerkschein für vier wiedereingeführte Lithos ein Wert deklariert war, der das Mehrfache des Totals der auf der Visitenkarte angegebenen Werte für die vier andern Objekte betrug. Diese Umstände sowie der Vorfall vom 4. Januar 1978 veranlassten das Zollamt, den Zolluntersuchungsdienst Zürich der Zollkreisdirektion II beizuziehen. Dieser ordnete telefonisch die körperliche Durchsuchung von Dr. X. durch das Zollamt an, um festzustellen, ob allenfalls noch weitere Waren zum Vorschein kämen und entsandte einen Untersuchungsbeamten nach dem Zollamt Zürich-Flughafen. Daraufhin nahm ein Beamter des Zollamtes die Durchsuchung vor. Dr. X. konnte das Zollamt um ungefähr 19.15 Uhr verlassen. Sein an die Eidg. Oberzolldirektion überwiesener Rekurs wurde von dieser Instanz mit Entscheid vom 3. Oktober 1978 abgewiesen. Gegen diesen Entscheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde, welche das Bundesgericht abweist.
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1. a) Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, die Oberzolldirektion sei zur Behandlung seiner Beschwerde vom 7. Juli 1978 gegen die körperliche Durchsuchung nicht zuständig gewesen, sondern hätte diese an die Anklagekammer des Bundesgerichtes überweisen müssen. Sowohl das Zollgesetz vom 1. Oktober 1925 (ZG; SR 631.0) als auch das Bundesgesetz ![]() ![]() | |
Das im Jahre 1925 erlassene ZG ist wesentlich älter als das VStrR aus dem Jahre 1974. Das ZG erfuhr denn anlässlich des Erlasses des VStrR zahlreiche Änderungen. Mehrere Bestimmungen wurden aufgehoben (Art. 9 Abs. 4, 81, 82 Ziff. 5, 84, 90-100, 105-108, 117 Abs. 2-3) sowie eine grosse Anzahl abgeändert (Art. 7 Abs. 2, 31 Abs. 3, 64, 69 Abs. 2, 73, 74 Ziff. 8 und 14-16, 75 Abs. 3, 76, 77 Abs. 1, 2, 4, 79 Abs. 1, 80, 82 Ziff. 1-2, 83, 85, 86, 87, 88, 89 Abs. 1-2, 101, 102 Abs. 1-2, 103, 104, 109 Abs. 4, 118, 120 Abs. 2 Ziff. 2 und 5, 122 Abs. 2, 123 Abs. 3, 138 Abs. 2). Art. 36 Abs. 5 ZG wurde durch das VStrR weder aufgehoben noch abgeändert. Da das ZG damals gründlich überarbeitet und auch eine Bestimmung im Umfeld der hier in Frage stehenden Vorschrift abgeändert wurde (Art. 31 Abs. 3 ZG), kann es sich dabei nicht um ein Versehen handeln. Der Gesetzgeber wollte die körperliche Durchsuchung im Rahmen der Zollabfertigung vielmehr als Verwaltungsmassnahme und spezifisch zollrechtliches Institut des ZG beibehalten. Das bedeutet nicht, dass Zwangsmassnahmen gemäss Art. 45 ff. VStrR nicht auch im Zusammenhang mit Zolldelikten ergriffen werden können. In diesem Fall müssen die zusätzlichen Garantien und das Verfahren des Verwaltungsstrafrechts beachtet werden. Die vorliegende körperliche Durchsuchung sprengt ![]() ![]() | |
b) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde richtet sich gegen den Beschwerdeentscheid der Oberzolldirektion vom 3. Oktober 1978. Gegen diesen Entscheid ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zulässig (Art. 109 Abs. 1 lit. e ZG). Das nach Art. 103 lit. a OG erforderliche Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides ist gegeben, weil die Oberzolldirektion die Beschwerde des Beschwerdeführers abgewiesen hat. Hingegen muss das Interesse des Beschwerdeführers grundsätzlich aktuell sein. Besteht es im Zeitpunkt der Urteilsfällung nicht oder nicht mehr, so kann auf die Beschwerde grundsätzlich nicht eingetreten werden. Immerhin wird vom Erfordernis eines aktuellen Interesses dann abgesehen, wenn sonst nie rechtzeitig ein endgültiger Entscheid in Grundsatzfragen herbeizuführen wäre oder wenn die Entscheidung in der Sache aus andern Gründen als angebracht erscheint (vgl. BGE 104 Ib 319; BGE 99 Ib 301; BGE 97 I 733; BGE 96 I 419). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Verfahren erfüllt. Dem Bundesgericht wäre es regelmässig verwehrt, über die Rechtmässigkeit von körperlichen Durchsuchungen zu entscheiden, wenn es ein aktuelles praktisches Interesse an der Aufhebung der Durchsuchungsverfügung verlangen würde. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher einzutreten.
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"Personen, welche die Zollgrenze überschreiten und im Verdachte stehen,
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verbotene oder zollpflichtige Waren auf sich zu tragen, können einer
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körperlichen Durchsuchung unterworfen werden. Der Bundesrat stellt die
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nötigen Vorschriften durch Verordnung auf."
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Art. 53 der Verordnung zum Zollgesetz vom 10. Juli 1926 (ZV; SR 631.01) bestimmt dazu:
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"Körperliche Durchsuchung:
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1 Die körperliche Durchsuchung von Personen, die im Verdachte stehen,
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verbotene oder zollpflichtige Waren auf sich zu tragen, ist stets in
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geeigneten, geschlossenen, im Winter geheizten Räumen vorzunehmen.
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dürfen nur durch weibliche Personen durchsucht werden.
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2 Fördert die Durchsuchung zollpflichtige oder verbotene Waren zu Tage,
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die der Zollmeldepflichtige nicht zur Zollbehandlung angemeldet hat so ist
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aufgrund der einschlägigen Bestimmungen des Zollgesetzes das Strafverfahren
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einzuleiten."
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a) Fraglich ist im vorliegenden Verfahren zunächst, ob der Beschwerdeführer im Sinne dieser Bestimmungen im Verdachte stand, verbotene oder zollpflichtige Waren auf sich zu tragen, und die zuständige Behörde daher befugt war, eine körperliche Durchsuchung vorzunehmen. Gemäss der Aussage des Zollbeamten deklarierte der Beschwerdeführer mündlich sechs Lithographien unter gleichzeitiger Vorlage eines Ausfuhrmerkscheines und einer Visitenkarte des "Institut Géographique Khanzandian" in Paris. Der Beamte stellte in der Folge fest, dass die vorgelegten Unterlagen auf acht Objekte lauteten und bat den Beschwerdeführer, die Lithos auszupacken. Als acht Stück zum Vorschein kamen, erklärte der Beschwerdeführer gemäss Aussage des Zollbeamten, er habe sich geirrt. Der Beschwerdeführer bestreitet diese Darstellung, indem er ausführt, er habe von allem Anfang an ausgesagt, er habe acht Lithos zu deklarieren. Es besteht kein stichhaltiger Grund, an der Feststellung des Zollbeamten zu zweifeln, wonach der Beschwerdeführer nur sechs der acht Lithos zur Zollbehandlung angemeldet hat. Bezeichnenderweise hat der Beschwerdeführer sich bei der Einvernahme durch den Chef des Zolluntersuchungsdienstes nicht etwa darauf berufen, dass er alle Lithos zur Zollbehandlung angemeldet habe. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer keine Rechnung für die Bilder, sondern lediglich eine mit den Preisen beschriebene Visitenkarte vorweisen konnte, deren Zahlen zudem nicht mit den auf dem Vormerkschein aufgeführten Preisen übereinstimmten. Verstärkt wurde das Misstrauen des Beamten dadurch, dass der zu Rate gezogene Katalog für Bilder von Daumier wesentlich höhere Preise enthielt als die vom Beschwerdeführer angegebenen. Freilich handelt es sich bei den im Katalog angeführten Preisen um diejenigen für gemalte Bilder und nicht für Lithos, dennoch ist verständlich, dass die ausserordentlich grosse Preisdifferenz bei den Zollbeamten den Verdacht erweckte, dass die deklarierten Werte nicht stimmen könnten. Jedenfalls lässt sich nicht sagen, der Verdacht sei zum vornherein leichtfertig ausgesprochen worden. Es handelte sich um Kunstgegenstände, deren ![]() ![]() ![]() |