21. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 10. Februar 1993 i.S. Peter Bieri, Erika Loser, Markus Tramèr und sämtliche Mitglieder des Initiativkomitees gegen Grosser Rat des Kantons Bern (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste | |
Art. 85 lit. a OG; Teilungültigkeit einer kantonalen Volksinitiative (Aareschutzinitiative).
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2. Bundesrechtskonformität der Aareschutzinitiative (E. 4).
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3. Voraussetzungen für Eingriffe in wohlerworbene Rechte; eine verfassungskonforme Interpretation des Art. 14 der Aareschutzinitiative ist unter gewissen Bedingungen möglich (E. 5).
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4. Teilungültigkeit des Art. 14 der Aareschutzinitiative (E. 9).
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Sachverhalt | |
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Die Initiative enthält u.a. folgende Bestimmungen:
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Art. 3: Objekte von nationaler Bedeutung
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1 Neue Eingriffe zu Nutzungszwecken, die Landschaften, Naturdenkmäler,
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Biotope oder andere Objekte von nationaler Bedeutung in ökologischer oder
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landschaftlicher Hinsicht zusätzlich beeinträchtigen können oder die den
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Sanierungszielen widersprechen, dürfen nicht bewilligt oder konzessioniert
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werden. Massgebend sind neben den Inventaren des Bundes auch die
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KLN-Inventare von 1963 bis 1988.
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2 Durch Anlagen und sonstige Eingriffe vorbelastete Gewässer- und
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Uferabschnitte sind nach Massgabe ihrer ökologischen und landschaftlichen
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Bedeutung zu sanieren. Insbesondere sind in den hiefür geeigneten Gebieten
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die Voraussetzungen zu schaffen für
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- die Erweiterung bestehender, die Wiederherstellung ehemaliger und
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die Schaffung neuer dynamischer Auenflächen;
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- den Fortbestand der vom Grundwasser abhängigen Auenflächen;
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- den Weiterbestand von Lebensgemeinschaften in Altarmen.
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3 Die Konzessionen bestehender Wasserkraft- und Wasserversorgungsanlagen
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dürfen höchstens im bisherigen Umfang erneuert werden.
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Art. 8: Enteignung
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Das Enteignungsrecht steht dem Regierungsrat sowie den mit dem Vollzug
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des Gesetzes beauftragten Gemeinden und öffentlichrechtlichen
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Körperschaften zu. Das Enteignungsverfahren richtet sich nach dem
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kantonalen Enteignungsgesetz.
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Art. 14: Übergangsbestimmung
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1 Vorhaben, die wie das Grundwasserpumpwerk in der Belp-Au oder wie das
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Neubauprojekt Kraftwerk Wynau Objekte von nationaler Bedeutung im Sinne
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von Artikel 3 zusätzlich beeinträchtigen oder die der Verwirklichung des
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Sanierungsplanes entgegenstehen, dürfen trotz bestehender Konzessionen und
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Bewilligungen weder ausgeführt noch in Betrieb genommen werden, sofern am
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1. Februar 1990 mit den wesentlichen Bauarbeiten noch nicht begonnen
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wurde.
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2 Allfällige Ansprüche auf Entschädigung werden nach Artikel 8 beurteilt.
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Entgegen dem Vorschlag der vorberatenden grossrätlichen Kommission erachtete der Grosse Rat die Bestimmung des Art. 14 der Initiative als mit dem kantonalen und eidgenössischen Verfassungsrecht nicht vereinbar. Das Anliegen der Initianten könne im Kanton Bern nicht Gegenstand einer Volksinitiative sein. Mit Art. 14 würden zwei individuelle Verwaltungsakte rückgängig gemacht, was nur Gegenstand einer - im bernischen Recht nicht vorgesehenen - Verwaltungsinitiative sein könne. Im weiteren verletze die umstrittene Bestimmung in mehrfacher Hinsicht die Bundesverfassung; insbesondere greife jene in unzulässiger Weise in wohlerworbene Rechte ein. Am 23. Januar 1992 folgte der Grosse Rat dem Antrag des Regierungsrates, erklärte Art. 14 als ungültig und beschloss, die übrigen Artikel der Initiative den Stimmbürgern ohne Gegenvorschlag und mit dem Antrag auf Ablehnung zur Abstimmung zu unterbreiten.
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Gegen diesen Grossratsbeschluss erhoben Peter Bieri, Erika Loser, Markus Tramèr sowie sämtliche Mitglieder des Initiativkomitees am 12. Februar 1992 beim Bundesgericht Stimmrechtsbeschwerde im Sinne von Art. 85 lit. a OG. Sie stellen den Antrag, der Beschluss des Grossen Rates vom 23. Januar 1992 sei insofern aufzuheben, als Art. 14 der Initiative ungültig erklärt worden sei. Die Initianten rügen eine Verletzung ihrer politischen Rechte und machen geltend, die Bestimmung von Art. 14 der Initiative verstosse nicht gegen übergeordnetes Recht, weshalb sie einen Anspruch darauf hätten, dass die Initiative dem Stimmvolk ohne Änderung unterbreitet werde.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut
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2. a) Gemäss Art. 65a des bernischen Gesetzes über die politischen Rechte vom 5. Mai 1980 (GPR) in Verbindung mit Art. 8 der Staatsverfassung vom 4. Juni 1893 des Kantons Bern (KV/BE) überprüft der Grosse Rat die Gültigkeit von Initiativen. Volksbegehren, welche er für ungültig erklärt, unterbreitet er nicht der Volksabstimmung (Art. 65a Abs. 2 GPR). Diese Zuständigkeit sowie die formellen Anforderungen, welche an eine bernische Initiative gestellt werden, stehen vorliegend nicht zur Diskussion. Es geht hingegen ![]() ![]() | |
b) Das Initiativrecht des Volkes ist rechtlich nicht unbeschränkt. Eine Initiative muss, um gültig zu sein, neben formellen auch bestimmten materiellen Anforderungen genügen. Ein inhaltlicher Grund, welcher die Ungültigkeit der Initiative bewirkt, liegt unter anderem dann vor, wenn das Volksbegehren höherrangigem Recht widerspricht (BGE 111 Ia 294 E. 2 mit Hinweisen, vgl. auch BGE 118 Ia 204 E. 5). Kantonale Initiativen dürfen deshalb weder dem Bundesrecht noch dem kantonalen Verfassungsrecht widersprechen. Das Prinzip der Unverletzlichkeit des Stimmrechts verlangt indessen, dass die Behörde, welche sich über die materielle Gültigkeit einer Initiative ausspricht, diese in dem für die Initianten günstigsten Sinn auslegt. Erlaubt es der Text, eine Initiative bei entsprechender Auslegung als mit höherrangigem Recht vereinbar zu bezeichnen, so ist sie gültig zu erklären und der Volksabstimmung zu unterbreiten (BGE 111 Ia 295 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 111 Ia 305 f. E. 4 mit Hinweisen). Im weiteren ist bei einer als mit höherrangigem Recht nicht vereinbar beurteilten Initiative zu prüfen, ob - in Beachtung des Verhältnismässigkeitsprinzips - bloss eine Teilungültigkeit angenommen werden kann (vgl. ALFRED KÖLZ, Die staatsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahre 1985, ZBJV 1987, S. 383; ALFRED KÖLZ in ZBl 83/1982, S. 26 mit zahlreichen Hinweisen).
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c) Auf Stimmrechtsbeschwerden hin prüft das Bundesgericht nicht nur die Auslegung von Bundesrecht und kantonalem Verfassungsrecht frei, sondern auch diejenige anderer kantonaler Vorschriften, welche den Inhalt des Stimm- und Wahlrechts normieren oder mit diesem in engem Zusammenhang stehen. In ausgesprochenen Zweifelsfällen schliesst sich das Bundesgericht der von der obersten kantonalen Behörde vertretenen Auffassung an, sofern es sich bei dieser Behörde um das Parlament oder das Volk handelt. Die Auslegung und Anwendung anderer kantonaler Normen sowie die Feststellung des Sachverhalts durch die kantonalen Behörden sind dagegen nur auf Willkür hin zu prüfen (BGE 115 Ia 153 E. 2; 113 Ia 396 E. 3 mit Hinweisen).
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b) Es ist somit zu prüfen, ob Art. 14 der Initiative eine Gesetzesbestimmung im materiellen Sinn darstellt und daher mit dem kantonalen Staats- bzw. Initiativrecht vereinbar ist. Hiezu führte der Regierungsrat in seiner Vernehmlassung aus, Art. 14 könne in der vorliegenden Form nicht Teil einer Volksinitiative sein, da Art. 60 GPR als Gegenstand der Gesetzesinitiative allein Gesetze im ![]() ![]() | |
c) Die Beschwerdeführer bemerken dazu in ihrer Beschwerdeergänzung vom 10. Juni 1992, sie hätten die Bestimmung von Art. 14 immer als generell-abstrakte Norm verstanden. Bei der Formulierung des Textes sei u.a. die Frage diskutiert worden, ob man in Absatz 1 die beiden Beispiele überhaupt namentlich erwähnen wolle. Im Interesse der politischen und juristischen Transparenz hätten sich die Initianten jedoch dazu entschlossen, die beiden Anwendungsfälle offen zu deklarieren; am generell-abstrakten Charakter dieser Norm, die grundsätzlich auch auf andere Vorhaben anwendbar sei, ändere dies jedoch nichts.
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d) Wie in Erwägung 3a dargestellt, gibt es im Kanton Bern keine Verwaltungsinitiative; Inhalt einer Volksinitiative können nur Gesetze im materiellen Sinne sein (vgl. BGE 98 Ia 642 f.). Art. 14 der Aareschutzinitiative nennt namentlich zwei Projekte, auf welche die Vorschriften des vorgeschlagenen Aareschutz-Gesetzes rückwirkend angewendet würden: "Vorhaben, die wie das Grundwasserpumpwerk oder wie das Neubauprojekt Kraftwerk Wynau". Aus dieser Formulierung lässt sich schliessen, dass sich Art. 14 jedenfalls klar auf die genannten Werke bezieht. Das bedeutet, dass die so formulierte und zu verstehende Bestimmung u.a. individuell-konkrete Anordnungen und damit Verfügungen vorbestimmt. Eine solche Anordnung kann jedoch nicht Gegenstand einer bernischen Volksinitiative sein. Art. 14 ist somit nicht mit dem kantonalen Initiativrecht vereinbar; er ist ungültig, soweit er individuell-konkrete Anordnungen verlangt.
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a) Die bernischen Behörden machen geltend, Art. 14 der Aareschutzinitiative verstosse gegen die Bundesverfassung, da dieser Artikel eine echte Rückwirkung zur Folge habe. Die Beschwerdeführer bringen vor, eine solche Rückwirkung sei zulässig. Sie führen dazu aus, aufgrund der vorgegebenen Kompetenzordnung verfügten die Kantone über einen weiten Ermessensspielraum beim Erlass von Schutz- und Nutzungsbestimmungen auf den Gebieten der Wasserwirtschaft, des Natur- und Heimatschutzes sowie der Raumplanung. Der bernische Gesetzgeber sei befugt, den Begriff des "öffentlichen Wohls" neu zu fassen und den Anliegen von Ökologie ![]() ![]() | |
b) Art. 14 der Aareschutzinitiative bestimmt, dass Vorhaben, die "wie das Grundwasserpumpwerk in der Belp-Au oder wie das Neubauprojekt Kraftwerk Wynau" Objekte von nationaler Bedeutung im Sinne von Art. 3 der Initiative zusätzlich beeinträchtigen oder die der Verwirklichung des Sanierungsplanes entgegenstehen, trotz bestehender Konzessionen und Bewilligungen weder ausgeführt noch in Betrieb genommen werden dürfen, sofern am 1. Februar 1990 mit den Bauarbeiten noch nicht begonnen wurde. Diese Bestimmung stellt, jedenfalls für das Grundwasserpumpwerk Belp-Au, eine echte Rückwirkung einer Gesetzesbestimmung dar. Zudem kann die allgemeine Formulierung des Art. 14 auch für andere, nicht namentlich genannte Werke oder Projekte zu einer Rückwirkung führen.
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Eine solche echte Rückwirkung eines Erlasses liegt nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung dann vor, wenn bei der Anwendung des neuen Rechts an ein Ereignis angeknüpft wird, das in der Vergangenheit liegt und vor Erlass des Gesetzes abgeschlossen wurde (BGE 116 Ia 213 f. E. 4a; BGE 113 Ia 425). Eine Rückwirkung ist nur dann zulässig, wenn sie ausdrücklich angeordnet oder nach dem Sinn des Erlasses klar gewollt ist, wenn sie zeitlich mässig ist, wenn sie keine stossenden Rechtsungleichheiten bewirkt, wenn sie sich durch triftige Gründe rechtfertigen lässt und wenn sie nicht in wohlerworbene Rechte eingreift (BGE 116 Ia 214 mit Hinweisen).
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c) Zu Recht wird vorliegend nicht bestritten, dass - bei Annahme der Initiative - mit Art. 14 eine gesetzliche Grundlage für eine Rückwirkung geschaffen würde. Ebensowenig ist streitig, dass die Rückwirkung in zeitlicher Hinsicht mässig ist und dass sie zu keinen stossenden Rechtsungleichheiten führt. Schliesslich haben der Grosse Rat und der Regierungsrat anerkannt, dass die Anliegen der Initianten und Beschwerdeführer durchaus als beachtenswerte Gründe im Sinne obgenannter Praxis betrachtet werden können. Zu beurteilen ist in dieser Hinsicht somit einzig noch die Frage, ob die bernischen Behörden zu Recht den Art. 14 der Initiative als unzulässigen Eingriff in wohlerworbene Rechte qualifiziert haben.
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5. a) Der Regierungsrat und der Grosse Rat des Kantons Bern haben dazu ausgeführt, gemäss Art. 43 Abs. 1 des Bundesgesetzes ![]() ![]() | |
b) Die Beschwerdeführer machen geltend, es sei fraglich, ob im Falle des Grundwasserpumpwerkes Belp-Au ein wohlerworbenes Recht überhaupt schon rechtsgültig entstanden sei. Bei Gebrauchswasseranlagen entstünden wohlerworbene Rechte erst, wenn mit der Nutzung begonnen worden sei. Im übrigen dürfe aus Gründen des öffentlichen Wohls und gegen volle Entschädigung ein einmal verliehenes Nutzungsrecht zurückgezogen oder geschmälert werden. Diese Eingriffsmöglichkeit werde in Art. 43 Abs. 2 WRG ausdrücklich vorgesehen. Der Regierungsrat habe zu Recht nicht in Abrede gestellt, dass die Interessen von Gewässer- und Landschaftsschutz öffentliche Interessen darstellten. Schliesslich werde die Pflicht, beim Eingriff in wohlerworbene Rechte volle Entschädigung zu leisten von der Initiative nicht in Frage gestellt; Art. 8 der Aareschutzinitiative verweise ausdrücklich auf das kantonale Enteignungsrecht.
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c) Die Frage, ob im vorliegenden Fall bereits wohlerworbene Rechte begründet worden seien oder ob - wie das die Beschwerdeführer zumindest für das Grundwasserpumpwerk Belp-Au behaupten - solche erst bei Ausübung der Nutzungen entstehen (vgl. KATHRIN KLETT, Verfassungsrechtlicher Schutz "wohlerworbener Rechte" bei Rechtsänderungen, Bern 1984, S. 21 f.; A. KÖLZ, Intertemporales Verwaltungsrecht, ZSR 1983, S. 179/180) kann offenbleiben, da - wie nachfolgend dargelegt - die Voraussetzungen für den Eingriff in wohlerworbene Rechte nicht zum vornherein ausgeschlossen sind.
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Gemäss ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung geht die Garantie wohlerworbener Rechte grundsätzlich nicht weiter als die ![]() ![]() | |
Wie bei anderen enteignungsrechtlichen Eingriffen ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass es sich dabei - gemäss der Praxis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie der bundesgerichtlichen Rechtsprechung - um sog. Zivilrechte im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK handelt (BGE 117 Ia 382 f. mit zahlreichen Hinweisen auf Entscheide des EMRK-Gerichtshofs und des Bundesgerichts; ARTHUR HAEFLIGER, Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, Bern 1993, S. 114 mit Hinweisen auf diverse Urteile). Inwieweit der Art. 6 Ziff. 1 EMRK auch auf gemischtwirtschaftliche Organisationen anwendbar ist, kann vorliegend offengelassen werden, da möglicherweise von der Initiative auch privatrechtliche Gesellschaften, die Nutzungsrechte an der Aare erhalten oder geltend machen, betroffen sein könnten. In dieser Hinsicht ist jedenfalls Art. 6 Ziff. 1 EMRK ohne weiteres zu beachten. Bei einem Eingriff in wohlerworbene Rechte müssen somit sämtliche Verfahrensgarantien im Sinne von Art. 22ter und Art. 6 EMRK gewährleistet sein; insbesondere hat der zu Enteignende Anrecht auf eine richterliche Überprüfung der Voraussetzungen für den Eingriff und der entgegenstehenden Interessen, d.h. der Richtigkeit und Angemessenheit der enteignenden Massnahme, um die es u.a. auch beim Widerruf einer Konzession geht (in bezug auf Art. 22ter BV: vgl. BGE 112 Ib 177 f.; in bezug auf Art. 6 Ziff. 1 EMRK: vgl. BGE 117 Ia 385 E. 5c; BGE 115 Ia 67 f. E. 2, je mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung der EMRK-Organe). Der Art. 14 der Initiative ist in diesem Sinne mit Anspruch auf ein gerichtliches Verfahren zu verstehen und verfassungs- sowie konventionskonform zu interpretieren.
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d) Wie bereits ausgeführt wurde, würde Art. 14 der Aareschutzinitiative eine hinreichende gesetzliche Grundlage für den Eingriff in wohlerworbene Rechte darstellen. Zudem ist auch in Art. 43 Abs. 2 ![]() ![]() | |
6. a) In seiner Vernehmlassung vom 25. März 1992 macht der Regierungsrat des Kantons Bern - namens des Grossen Rats - zusätzlich geltend, Art. 14 der Initiative halte vor dem Enteignungsrecht ![]() ![]() | |
b) Art. 10 EntG lautet wie folgt:
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"Rechte an Brunnen, Quellen und andern Wasserläufen, die für ein
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Grundstück, eine Wasserversorgung oder eine andere dem allgemeinen Wohl
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dienende wasserbauliche Anlage unentbehrlich sind, können nur enteignet
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werden, wenn der Enteigner genügenden Ersatz an Wasser leistet."
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Die Tragweite dieser Bestimmung ist umstritten (vgl. H. HESS/H. WEIBEL, Das Enteignungsrecht des Bundes, Bern 1986, Band I, S. 168 f.). Im übrigen ist fraglich, ob die Spezialregelung von Art. 43 WRG nicht erlauben würde, Art. 10 EntG einzuschränken. Diese Frage kann jedoch vorliegend offenbleiben. Durch Art. 8 der Initiative - auf welchen Art. 14 der Initiative verweist - wird jedenfalls statuiert, dass das Enteignungsverfahren durch das kantonale Enteignungsrecht geregelt ist. Art. 15 Abs. 1 des bernischen Enteignungsgesetzes vom 3. Oktober 1965 sieht vor, dass der Enteigner zur Leistung von Realersatz verpflichtet werden kann bei der Enteignung von Wasser und Wasserkraft. Mit dem Verweis auf diese Regelung kann der Art. 14 der Initiative auch diesbezüglich nicht beanstandet werden.
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7. Der Regierungsrat bringt schliesslich noch vor, die Bestimmungen der Art. 24bis und 24octies BV würden durch Art. 14 der Initiative verletzt, da diese Bestimmung ein dringend notwendiges Wasserwerk verhindere und damit den Verfassungsauftrag der sicheren Trinkwasserversorgung für eine ganze Region gefährde. Die Beschwerdeführer wenden hiegegen ein, solange der Bund gestützt auf Abs. 1 von Art. 24bis BV keine Grundsätze erlasse, welche die Kantone verpflichten würden, bestimmte Gewässer für die Wasserversorgung ![]() ![]() | |
Die beiden angerufenen Verfassungsbestimmungen werden durch Art. 14 der Initiative nicht verletzt. Wie oben dargelegt, werden die verschiedenen öffentlichen und privaten Interessen im Einzelfall gegeneinander abzuwägen sein. Diese Interessenabwägung kann von den Bestimmungen der Aareschutzinitiative nicht vorweggenommen werden.
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Aus den vorangehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Aareschutzinitiative bundesrechtskonform ist, soweit die richterlichen Garantien gewährleistet sind, dass sie jedoch nach kantonalem Recht aufgrund ihres Inhalts - soweit sie individuell-konkrete Anordnungen vorsieht - nicht zulässig ist.
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a) In Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit ist gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung derjenige Teil einer Initiative, welcher als gültig betrachtet werden kann, dem Volk zur Abstimmung vorzulegen, sofern vernünftigerweise anzunehmen ist, die Unterzeichner der Initiative hätten auch den gültigen Teil der Initiative unterzeichnet, wenn er ihnen allein unterbreitet worden wäre ![]() ![]() | |
b) Umstritten ist vorliegend die Nennung der beiden Werke. Es fragt sich, ob diese Aufzählung gestrichen werden kann. Diesfalls würde der Text lauten:
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"Vorhaben, die Objekte von nationaler Bedeutung im Sinne von Artikel
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3 zusätzlich beeinträchtigen oder die der Verwirklichung des
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Sanierungsplanes entgegenstehen, dürfen trotz bestehender Konzessionen und
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Bewilligungen weder ausgeführt, noch in Betrieb genommen werden, sofern am
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wurde."
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Wie auch der Regierungsrat in seiner Vernehmlassung zur Beschwerdeergänzung ausführt, macht es einen Unterschied aus, ob das Wasserwerk Belp-Au und das Kraftwerk Wynau im Initiativtext bereits definitiv als Vorhaben im Sinne von Art. 14 bezeichnet werden oder nicht. Werden diese nicht genannt, so kann für beide Werke nach einer allfälligen Annahme der Initiative im Rahmen der Rechtsanwendung der Nachweis erbracht werden, dass sie keine zusätzlichen Beeinträchtigungen im Sinne von Art. 3 verursachen. Selbst wenn sie solche Beeinträchtigungen verursachen, müssten weitere eingehende Abklärungen über die Auswirkungen dieser Projekte erfolgen und eine umfassende Interessenabwägung durchgeführt werden. In diesem Fall wäre die umstrittene Initiativbestimmung mit dem kantonalen Initiativrecht im Einklang; es handelte sich um eine generell-abstrakte Norm, um so mehr, als noch andere Werke unter die Bestimmung fallen können und dass andererseits noch nicht zum vornherein feststeht, ob die genannten beiden Projekte von der Initiative verhindert werden. Sollte die Initiative vom Volk angenommen werden, wird erst im Rahmen der Rechtsanwendung zu entscheiden sein, ob die zwei genannten Bauvorhaben die Objekte von nationaler Bedeutung im Sinne von Art. 3 der Initiative zusätzlich beeinträchtigen oder der Verwirklichung des Sanierungsplanes entgegenstehen. Schliesslich ist in diesem Zusammenhang festzustellen, ![]() ![]() ![]() |