12. Urteil der II. Zivilabteilung vom 4. Juni 1982 i.S. Haas gegen Haller und Obergericht des Kantons Nidwalden (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste | |
Art. 59 BV; Klage aus Art. 679 ZGB.
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2. Wird mit der Klage aus Art. 679 ZGB die Behebung der durch die Überschreitung des Grundeigentums hervorgerufenen Schäden auf dem betroffenen Grundstück verlangt, so kann sich der Beklagte auf die Garantie des Wohnsitzgerichtsstandes berufen. Qualifizierung des Rechtsbegehrens (E. 2).
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Sachverhalt | |
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Am 21. September 1977 erhob Bruno Haller beim Kantonsgericht des Kantons Nidwalden gegen Josef Haas Klage mit folgenden Rechtsbegehren:
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"1. Der Beklagte sei zu verpflichten, um die Gefahr eines weiteren Abrutschens der auf dem Grundstück Nr. 394/GB Hergiswil sich befindlichen Bauten und Anlagen zu verhindern:
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a) Die entlang der Ostgrenze der Parz. Nr. 394/GB Hergiswil verlaufende Grenzmauer sowie die zwischen der Parz. Nr. 408/GB Hergiswil und Nr. 394/GB Hergiswil verlaufende Grenzmauer neu zu erstellen;
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b) die durch den Aushub auf Parz. Nr. 766/GB Hergiswil erfolgten Geländeveränderungen auf Parz. Nr. 394/GB Hergiswil durch geeignete Massnahmen wie die Zuführung von neuen Humus auf seine Kosten auszugleichen.
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2. Der Beklagte sei ausserdem zu verpflichten, allfällige weitere Instandstellungskosten wie Gärtnerarbeiten zu bezahlen.
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3. Eventuell:
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Der Kläger sei zu ermächtigen, auf Kosten des Beklagten die erforderlichen und sub. Ziff. 1 und 2 begehrten Massnahmen vorkehren zu lassen."
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Mit Entscheid vom 24./31. Januar 1979 erklärte sich das Kantonsgericht als örtlich unzuständig und trat aus diesem Grund nicht auf die Klage ein.
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Auf Appellation des Klägers hin hob das Obergericht des Kantons Nidwalden mit Urteil vom 20. Dezember 1979/7. Februar 1980/12. Juni 1980 den erstinstanzlichen Entscheid auf und wies die Sache zur Durchführung des Verfahrens an das Kantonsgericht zurück.
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Josef Haas führt staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 59 BV mit dem Antrag auf Aufhebung des obergerichtlichen Urteils.
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Bruno Haller beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen, während das Obergericht auf Abweisung schliesst.
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Eine bundesrechtliche Gerichtsstandsvorschrift für Klagen aus Art. 679 ZGB besteht indessen nicht. Zwar ist allgemein anerkannt, dass die Beseitigungs- und Unterlassungsklage des Art. 679 ZGB am Ort der gelegenen Sache anzubringen ist, während für die Schadenersatzansprüche der Wohnsitzrichter zuständig ist (MEIER-HAYOZ, N. 140/141 zu Art. 679 ZGB). Diese Regeln gelten jedoch nur im interkantonalen Verhältnis. Sie begründen keinen eidgenössischen Gerichtsstand für Klagen aus Art. 679 ZGB, gegenüber dem die in Art. 59 BV enthaltene Garantie des Wohnsitzrichters zurückzutreten hätte. Die Zuständigkeit des Wohnsitzrichters für die Schadenersatzklage lässt sich bundesrechtlich im Gegenteil nur auf diese letztere Bestimmung stützen.
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Im übrigen ist im vorliegenden Fall nicht die Gerichtsstandsvorschrift als solche streitig, sondern allein die Einordnung der Rechtsbegehren. Werden diese als Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüche qualifiziert, ist unbestrittenermassen der Richter am Ort der gelegenen Sache (Nidwalden) zuständig. Handelt es sich dagegen um Schadenersatzansprüche, ist ebenso unbestrittenermassen der allgemeine Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten (Luzern) gegeben. Nachdem der Beschwerdeführer geltend macht, entgegen der Auffassung des Obergerichts liege eine persönliche Ansprache im Sinne von Art. 59 BV vor, so dass der Richter an seinem Wohnsitz für die Beurteilung der Klage zuständig sei, ist nach dem ausdrücklichen Vorbehalt von Art. 49 und 68 Abs. 1 lit. b OG nicht die Berufung bzw. die Nichtigkeitsbeschwerde, sondern die staatsrechtliche Beschwerde das gegebene Rechtsmittel.
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2. Die klägerischen Rechtsbegehren lauten auf Neuerstellung der Grenzmauer, auf Ausgleichung der auf der Parzelle des Klägers erfolgten Geländeveränderungen sowie auf Bezahlung von ![]() ![]() | |
Das Obergericht führt allerdings aus, die Begehren des Klägers seien auf die Anordnung von Schutzmassnahmen gegen die Gefahr eines weiteren Abrutschens seines Grundstücks zufolge der vorgenommenen Geländeveränderungen gerichtet. Ob die Rutschgefahr durch die Anbringung eines Betonriegels seitens des Beklagten behoben worden sei, könne erst nach Durchführung des Beweisverfahrens festgestellt werden. Die Klagebegehren umfassten somit nicht eine reine Schadenersatzklage, sondern eine Beseitigungsklage bzw. eine Klage auf Anordnung von Schutzmassnahmen. Es ist richtig, dass der Kläger seine Begehren mit dem Satz eingeleitet hat, es sei der Beklagte zu Vorkehren zu verpflichten, welche die Gefahr eines weiteren Abrutschens verhindern sollten. Er verlangt jedoch nicht die Beseitigung eines angeblich weiterdauernden Gefahrenzustandes auf dem Grundstück des Beklagten (der im seinerzeit vorgenommenen Aushub und im bestehenden und vor Jahren fertiggestellten Haus liegen würde), sondern schlicht und einfach die Behebung der durch die Einwirkungen verursachten Schäden an der Grenzmauer bzw. auf dem eigenen Grundstück. Das ist aber nach dem Gesagten Gegenstand der Schadenersatzklage. Im übrigen ist nach den Feststellungen des Obergerichts die Klage bezeichnenderweise dadurch veranlasst worden, dass sich die Parteien über die Kostentragung, also einen Schadenersatzposten, für den Bau einer neuen Grenzmauer nicht einigen konnten. ![]() | |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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